Die Republikaner zerfleischen sich im US-Wahlkampf mit persönlichen Angriffen selber

Der an Kuriositäten bereits überreiche amerikanische Vorwahlkampf hat nun auch noch die Besonderheit hervorgebracht, dass sich die beiden erbittertsten republikanischen Kandidaten alle Mühe geben, den amtierenden demokratischen Präsidenten mit Munition zu versorgen.

Barack Obama hat mit dem Reizthema Steuergerechtigkeit jetzt ein Pfund in der Hand, mit dem er bei den allermeisten Amerikanern wuchern kann - sofern er das Anliegen plausibel und medienwirksam darzulegen vermag. Amerikas Staatseinnahmen sind angesichts horrender Ausgaben und Verschuldung viel zu gering - und 30 Prozent Spitzensteuersatz wahrlich keine skandalöse sozialistische Forderung. Allerdings rührt Obama damit bei dem erzkonservativen Bodensatz der Republikanischen Partei - auch Grand Old Party oder kurz GOP genannt - an das traditionelle Dogma, nach dem Staat und Steuern prinzipiell des Teufels sind. Obama muss sich also auf wilden Widerstand einstellen.

Für den demokratischen Präsidenten war das Thema jedoch geradezu ein gefundenes Fressen, nachdem der Republikaner Newt Gingrich seinen Rivalen Mitt Romney vor den Kameras aufgefordert hatte, seine Steuererklärung offenzulegen. Dass Romney, mindestens 260 Millionen Dollar schwer, auf gut 22 Millionen Dollar Einkommen im Jahr 2010 nur 13,9 Prozent Steuern zahlte, wärmt nicht jedem Amerikaner das Herz. Gingrichs Vorstoß sollte Romney schwächen - was er auch prompt tat. Er verschwieg allerdings, dass Romney weitere 6,4 Millionen Dollar Steuern sparen würde, falls Gingrich Präsident würde und seine unsozialen Steuerpläne umgesetzt würden. Gingrich hob auch nicht gerade hervor, dass er selber als Lobbyist der vom Staat mit gut 50 Milliarden Dollar vor der Pleite geretteten Immobilienbank Freddie Mac Millionen an Beraterhonoraren eingestrichen hat.

Ein Kommentator des US-Senders CNN meinte, ein Präsidentschaftskandidat Gingrich wäre glatter Selbstmord der Republikanischen Partei. Gingrich liegt neben Romney derzeit in Führung bei der GOP - aber er ist einer der umstrittensten Politiker der USA. Nicht nur Romney attackiert seinen Charakter. Und das Thema Charakter spielt in den USA eine wichtige Rolle beim Kampf um die Verteilung politischer Ämter.

So lastet man Gingrich an, er habe seiner ersten Frau gleich nach deren Krebsoperation die Scheidungspapiere ins Krankenhaus gebracht. Seine zweite Frau warf ihm gerade öffentlich vor, er habe sie betrogen, noch während er Bill Clinton wegen Ehebruchs absetzen lassen wollte und nachdem man eine schwere Nervenerkrankung bei ihr festgestellt hatte. Zum Trost habe er eine offene Ehe zu dritt mit der Geliebten vorgeschlagen.

Romney wiederum, der sich im Wahlkampf gern volksnah gibt, hat früher kränkelnde Firmen aufgekauft und zerschlagen, die Einzelteile mit Millionengewinn verscherbelt und Zehntausende Mitarbeiter gefeuert. Diese Enthüllung seitens seiner Rivalen hat ihm auch nicht gerade genützt.

Staunend und teilweise angewidert verfolgt Amerika die Selbstzerfleischung der Republikaner. Die Kandidatenkür mit viel Schmutz und Heuchelei belegt einen personellen und programmatischen Offenbarungseid der GOP. Die Angst vieler Konservativer vor einem weiteren Niedergang Amerikas begünstigt aggressive Kandidaten mit schlichten, rückwärtsgewandten Rezepten. Für die komplexen Herausforderungen der USA dürfte dies kaum reichen.

Am Ende wird ohnehin die Lage der amerikanischen Wirtschaft das Rennen entscheiden. Zwar gibt es bereits einen dünnen Silberstreif, aber noch keine echte Aufhellung in der Misere. Nun ist Amerika in jedem Fall zu wünschen, dass es sich wirtschaftlich rasch erholen möge. Dies ist aber im Besonderen wünschenswert, damit sich Barack Obamas Chancen auf eine Wiederwahl im November noch entscheidend verbessern können.