Der Piratenprozess überfordert die Hamburger Justiz

Der Prozess gegen die zehn mutmaßlichen Piraten ist einmalig, geradezu historisch: Erstmals seit 400 Jahren wird Seeräubern auf deutschem Boden der Prozess gemacht - es werden gewiss noch viele folgen. Allein 2011 hat die Hamburger Staatsanwaltschaft nach Piratenüberfällen auf Schiffe mit deutscher Besatzung mehr als 50 Verfahren eröffnet. Seit Kenia nicht mehr zuständig ist für die Strafverfolgung von Seeräubern im Atalanta-Operationsgebiet, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich gestiegen, dass in Hamburg erneut Piraten angeklagt werden. Und wie das aktuelle Verfahren dürften auch alle kommenden den Hamburger Steuerzahler Millionen Euro kosten.

Doch welchen Sinn hat es überhaupt, Piraten vor ein deutsches Gericht zu stellen? Strafe zielt auch darauf, andere von Straftaten abzuhalten. Doch ist es höchst unwahrscheinlich, dass es sich unter bettelarmen Somalis herumspricht, dass ein deutsches Gericht ihre Landsleute zu vermeintlich harten Freiheitsstrafen verurteilt hat. Selbst wenn - es spricht Bände, dass die in Hamburg angeklagten Männer lange davon ausgingen, in Hamburg hingerichtet zu werden.

Natürlich kann man Piraten nicht einfach laufen lassen wie einfache Kaufhausdiebe. Die Hamburger Staatsanwaltschaft ist verpflichtet zu ermitteln, wenn ein deutsches Schiff von Piraten gekapert wurde. Und sie muss, wenn die Beweise ausreichen, den Fall zur Anklage bringen. Allerdings zeigt schon der aktuelle Prozess, dass die Aufklärungsarbeit der Hamburger Justiz an ihre Grenzen stößt: Etliche somalische Zeugen konnten nicht geladen werden - kein Wunder, ist doch das Land politisch und wirtschaftlich destabilisiert. Doch dieser Malus darf nach deutschem Rechtsverständnis den Angeklagten nicht zum Nachteil gereichen.

Der Vorschlag, ein internationales Gericht mit der Sanktionierung von Piraten zu betrauen, ist nicht neu. Es sollte in regionaler Nähe der Seeräuber-Hochburgen in einem stabilen Staat installiert werden. Aber wenn sich die wirtschaftlichen Bedingungen in Somalia nicht bessern, werden die Menschen auch künftig eher die Gefahr einer harten Strafe auf sich nehmen, als den Hungertod zu sterben.