Schulsenator Rabe will als Präsident der Kultusministerkonferenz mehr Zusammenarbeit

Wir leben in einem globalen Dorf - heißt es häufig so schön. Doch im deutschen Bildungswesen herrscht auch im 21. Jahrhundert eher eine bundesweite Kleinstaaterei.

Bildung ist Ländersache. Und jedes noch so kleine Bundesland kocht sein eigenes Schulsüppchen. Das hat seinen guten - historischen - Grund und sicherlich auch seine Vorteile, wenn es darum geht, regionale Besonderheiten und Traditionen zu pflegen. Doch es hat im Jahre 2012 auch immense Nachteile. Denn unsere Gesellschaft ist um ein Vielfaches mobiler, als sie es noch in der Gründerzeit des bundesdeutschen Föderalismus war. Die Jobs verlagern sich immer schneller von hier nach da. Immer mehr Arbeitnehmer wechseln von Land zu Land. Bei dem zersplitterten Schulsystem aber ist ein Wechsel heute schwieriger als früher.

Vor diesem Hintergrund ist das erst 2006 auf maßgebliches Betreiben des damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch eingeführte Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildungspolitik geradezu absurd. Eine bundesweite Kooperation, eine möglichst gute Koordination in Sachen Bildung ist heute wichtiger denn je.

Da macht der Antritt des Hamburger Schulsenators Ties Rabe als Präsident der Kultusministerkonferenz wirklich Mut: Eines seiner beiden großen Ziele für die einjährige Amtszeit ist eine bessere Zusammenarbeit in der Bildungspolitik - und eine Abschaffung des widersinnigen Kooperationsverbots. Von manchem Landespolitiker, der offensichtlich seine Pfründe sichern will, wird da zwar schnell vom Angriff auf den Föderalismus polemisiert. Doch natürlich will den niemand abschaffen. Die Teilung der Kompetenzen zwischen dem Bund und seinen Ländern ist ein hohes Gut, das nach Ende des totalitären Regimes der Nationalsozialisten auch eingeführt wurde, um unsere Gesellschaft zu schützen.

Ein bundesweit einheitliches Schulsystem oder etwa ein "Deutschland-Abitur", wie es immer wieder einmal unterschiedlichste Gruppen fordern, wird es weder nach dem Ende der Amtszeit Ties Rabes als KMK-Präsident noch mittelfristig geben. Um eine einheitliche Bildung in Deutschland einzuführen, müssten am Ende wahrscheinlich mindestens 15 Systeme zwischen Flensburg und Freiburg abgeschafft werden. So unterschiedlich hat sich bei all den Experimenten an den Schulen und Schülern die Bildungslandschaft auseinanderentwickelt. Wer sich daran erinnert, wie hoch die Wogen allein in Hamburg schlugen, als hier vor zwei Jahren um und gegen eine Schulreform gekämpft wurde, der weiß, wie unrealistisch ein solch großes Reform-Szenario ist.

Ties Rabe geht es realistischer, aber immer noch sehr ehrgeizig an: Er will immerhin eine bessere Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse in den unterschiedlichen Bundesländern - sprich gleiche Ansprüche an Abitur und mittlere Reife in allen 16 Ländern. Das hilft nicht nur bei möglichen Umzügen während der Schulzeit - vor allem hilft es auch beim Einstieg ins Berufsleben. Diesen Übergang zu erleichtern ist das zweite große Ziel Ties Rabes. Auch dazu bedarf es mehr Zusammenarbeit. Nicht nur zwischen Bund und Ländern, sondern auch zwischen Schulen und Unternehmen.

Deutschland braucht (mindestens) eine Gemeinschaftsstunde für die Bildung. Wenn es jemandem gelingen kann, dass die Stühle dabei ein wenig zusammenrücken, dann dem Hamburger. Ties Rabe - selbst lange Zeit Lehrer - hat in der auch von ihm heftig geführten Debatte um die Schulreform in der Hansestadt hautnah erlebt, wie explosiv und gefährlich dieses Terrain ist. Entsprechend vorsichtig startet er jetzt selbst den Veränderungsprozess in seiner eigenen KMK-Präsidentschaft. Denn: besser mit kleinen Schritten vorankommen, als mit großen Tönen auf der Stelle zu treten.