Eine Glosse von Camilla John

Wir Frauen sind mittlerweile gut einsetzbar. Wir wildern in ehemals hoheitlich männlichen Domänen: Wir können allein Öltanks reinigen, mit dem Wagenheber umgehen und wissen, dass man Wasserkistenschleppen als Work-out verbuchen kann. Nur eines, das geht irgendwie schlecht ohne männliche Unterstützung: "Tatort" gucken. Jedenfalls nicht, wenn es so eine grausige Folge ist wie am Sonntagabend: "Verschleppt".

Doch im Irrglauben, alles allein zu können, dachte ich, auch das mit dem "Tatort" wird schon laufen. Ist ja sonntags unser Ritual. Unser. Da lauerte der Unterschied. Denn ich war verstrohwitwet, saß fröhlich allein mit meinem Schokopicknick auf dem Sofa. Ein entspannter Ausklang des Wochenendes schwebte mir vor, es entwickelte sich ein Albtraum.

Der begann nachts um 2 Uhr, als mich die aufgerissenen Augen des verschleppten Mädchens aus dem Schlaf rissen. Immer wieder. Es war furchtbar. Um halb fünf half nur noch aufstehen und heiße Milch mit Honig. Ich dachte daran, meine stillende Freundin anzurufen. Oder die, die zur Frühschicht rausmusste. Doch dann zirpte mein Handy: "Mann, dieser ,Tatort' hat mir den Schlaf geraubt, ich bin total k. o.", schrieb eine ganz andere Freundin. Um 5.03 Uhr. Auch sie ist gerade Strohwitwe. Das nenne ich mal Frauensolidarität.