Der Begriff “Döner-Morde“ ist irreführend und überflüssig

Selten hat die Jury bei der Wahl des Unwortes des Jahres so richtig gelegen wie jetzt: "Döner-Morde" ist ein so seltsamer wie überflüssiger und irreführender Begriff. Denn erstens sind ja keine Döner ermordet worden, sondern Menschen (!), und zweitens verstellt die Formulierung den Blick auf die politische Dimension der Verbrechen. Um es klar zu sagen: Das Unwort verharmlost in seiner Banalität eine der schlimmsten Mordserien Deutschlands in den vergangenen Jahrzehnten.

Nun wäre es schon eines Kommentars würdig, wenn es nur um diesen einen Begriff gehen würde, der einfach unbegreiflich ist. Doch die "Döner-Morde" stehen für mehr: nämlich für die unangenehme Angewohnheit, dass bei der Berichterstattung über Verbrechen und Kriminelle immer wieder, und leider immer öfter, seltsame Wortkonstruktionen entstehen.

Da ist beispielsweise von Horrorhäusern die Rede, von Maskenmännern oder Blutbestien. In keinem Bereich sind gerade Medien so erfinderisch wie bei der Bezeichnung von Straftätern, wobei die Regel zu gelten scheint: je grausamer das Verbrechen, desto reißerischer der Name. Dass dieser schlicht ausgedacht, nicht selten Blödsinn und sowieso für die meisten Menschen nicht nachzuvollziehen ist, scheint egal. Vollends absurd wird es, wenn man vor einen der erdachten Begriffe das Wörtchen "sogenannt" setzt. Die "Döner-Morde" etwa waren vielerorts "sogenannte Döner-Morde", soll wohl heißen: Man kann sie so oder so nennen.

Oder es gleich sein lassen.

Bei der Berichterstattung und der Einschätzung von Verbrechen, gerade von schweren, sollte die Sprache besonders zurückhaltend eingesetzt werden. Einen Mord muss man nicht zusätzlich dramatisieren, die Tat spricht für sich. Da reichen einfache, klare Formulierungen, da ist "blutige Ausschweiferei" so unangebracht wie Wortspielereien. In der Verarbeitung von Vorfällen wie jenem, dem das Unwort des Jahres seinen Ursprung verdankt, sollten wir uns auf Fakten konzentrieren und die Dinge im wahrsten Sinne des Wortes beim Namen nennen.

Das ist vielleicht die wichtigste Botschaft der Jury.