Im Tauschring Wilhelmsburg werden Waren und Dienste gehandelt - in einer eigenen Währung. Wöchentlich neue Mitglieder.

Hamburg. Eine Stunde Lebenszeit ist zehn Willis wert. Für diese imaginäre Währung können Mitglieder des Tauschrings Wilhelmsburg Wissen, Fähigkeiten und Waren erwerben oder anbieten. Die Börse für nachbarschaftliche Dienstleistungen, vor einem Jahr gegründet, hat zwar erst 35 Mitglieder, doch beinahe wöchentlich kommen neue dazu. "So ein Tauschring ist eine clevere Art, in wirtschaftlich schlechten Zeiten die Haushaltskasse zu schonen", sagt Alma Weihe. "Und es macht Spaß!"

Die 72-jährige Wilhelmsburgerin hat heute wieder ein Dutzend Gläser ihrer selbst gemachten Marmelade zum "Markttag" ins Kirchdorfer Freizeithaus mitgebracht hat. Dort trifft sich die Gruppe an jedem dritten Montag im Monat zum Tauschen und Klönen.

+++ Tauschring-Mitglieder in Wilhelmsburg wollen ohne Euro auskommen +++

Für Kürbis-Ananas-Marmelade, Pflaumenmus und Quittengelee nimmt Alma Weihe zwei Willis pro Glas. Damit "bezahlt" sie Frank Krohn. Der Elektriker, 59, hängt für seine Nachbarn Lampen auf, verlegt Kabel und Steckdosen.

In der Tauschring-Zeitung im Internet informieren sich die Mitglieder über ihre Angebote. Dieter Kruse ist Spezialist für Philatelie, Alten- und Kinderbetreuung oder im sozialmedizinischen Bereich. Horst Kanthak, 63, backt Schwarzwälder Torte nach Originalrezept und stellt seinen Transporter zur Verfügung. Janina Lemcke, 26, hilft bei Kinderbetreuung oder Briefeschreiben.

Mit mehr als 150 Willis auf seinem Tauschring-Konto sollte keiner in den Miesen sein. "Das ist die Grenze, ab der wir anfangen, das Mitglied zu beobachten", sagt Kanthak, der zu den Gründungsmitgliedern gehört. "Mancher muss dann einen Euro-Betrag als Pfand hinterlegen." Für Neumitglieder gibt es zudem eine dreimonatige Probezeit. Ob sie sich bewährt haben, wird danach ganz basisdemokratisch auf der Mitgliederversammlung entschieden.

Horst Kanthak hofft, dass die Zahl der Mitglieder bald auf 120 steigt. Die Chancen dafür stehen gut, denn die Nachfrage nach alternativen Märkten steigt. In Hamburg gibt es mittlerweile zehn Tauschringe, Infos gibt es unter www.hamburgertauschringe.de .