Verein kritisiert “untaugliche Freilaufflächen“ für geprüfte Hunde. Aber Gesundheitsbehörde und Bezirke wollen Gesetz nicht ändern

Hamburg. 4000 Quadratmeter misst die Verkehrsinsel am Klosterstern. Wer einen Hundeführerschein hat, darf seinen Hund hier ohne Leine toben lassen. Das Problem: Es gibt keine Ampel, keinen Zebrastreifen, um die Fläche gefahrlos zu erreichen. Die Wiese am Klosterstern ist eine von 68 Flächen im Bezirk Eimsbüttel, auf denen sich Hunde frei bewegen dürfen. "Die Auswahl der Freilaufflächen ist unzumutbar", sagt Michael Wahlert, Vorstand der Hamburger Hunde-Lobby. Gemeinsam mit seiner Hündin Sunny hat der 42-Jährige alle Hundewiesen getestet und unter hundewiese-hamburg.de dokumentiert. "Der Großteil der Flächen ist untauglich", sagt er.

Seit Einführung des Hundegesetzes am 1. April 2006 stellt die Stadt 114 Auslaufzonen für alle Hunde zur Verfügung. In den Bezirken Altona, Bergedorf, Eimsbüttel und Mitte gibt es zudem mehr als hundert weitere Flächen für leinenbefreite Vierbeiner. In Wandsbek und Harburg sowie in Teilen des Bezirkes Nord sind dagegen alle öffentlichen Grünanlagen für geprüfte Hunde frei. Für Wahlert nicht nachvollziehbar. Als Beispiel für "die unsinnige Regel" nennt er Wilhelmsburg. Als der Stadtteil noch zu Harburg gehörte, durften geprüfte Hunde auf allen Grünanlagen ohne Leine laufen. Seit Wilhelmsburg zum Bezirk Mitte gehört, sind alle vorherigen Freilaufflächen für geprüfte Hunde tabu.

Die Hamburger Hunde-Lobby kämpft seit Jahren für eine Vereinheitlichung. "Hamburg hat so viele Grünflächen, da ist Platz für uns alle", sagt die Vorsitzende Jule Thumser. "Wenn ein Hund nachgewiesen hat, dass von ihm keine Gefahr ausgeht, gibt es auch keine Nutzungskonflikte", so Thumser. Die Hunde-Lobby hofft auf eine Änderung des Hundegesetzes bei der alle drei Jahre anstehenden Evaluierung. Bis zum 1. April hat die Bürgerschaft dafür Zeit. Die Politik sieht die Verantwortung für die Freigabe von Hundeauslaufflächen aber weiter bei den Bezirksämtern. "Man muss die Einzelfälle bewerten, und das können nur die Bezirke", sagt Rico Schmidt von der Gesundheitsbehörde, die für das Hamburger Hundegesetz zuständig ist.

Manfred Graff, Vorsitzender des Hamburger Tierschutzvereins, hofft bei der Evaluierung des Gesetzes vor allem auf die Abschaffung der Kategorie-I-Hunde. Dazu gehören die Rassen Pitbull, Staffordshire und Bullterrier sowie alle Mischlinge dieser Rassen. Sie gelten laut Hamburger Hundegesetz als gefährlich und dürfen auch nach einem bestandenen Wesenstest niemals unangeleint und ohne Maulkorb frei herumlaufen. "Man kann die Gefährlichkeit von Hunden nicht an ihrer Rasse festmachen", sagt Graff. Er weiß aber auch, "das Thema ist so emotional. Die Politik muss Hundefreunden und -hassern gerecht werden".

Geht es nach der Gesundheitsbehörde, wird sich am Hundegesetz nichts ändern. Sprecher Schmidt verweist auf den Rückgang der Beißvorfälle. Im Jahr 2010 registrierte die Behörde 270 Hundebisse. In den Jahren vor Einführung des Gesetzes waren es doppelt so viele. Trauriger Höhepunkt war im Juni 2000 der Tod des sechsjährigen Volkan, der in Wilhelmsburg von zwei sogenannten Kampfhunden zerfleischt wurde. "Kein Politiker will die Verantwortung tragen, wenn wieder etwas passiert. Der Schutz der Menschen geht vor", sagt Schmidt. Hunde-Lobbyistin Jule Thumser hält dagegen: "Dem Gesetzgeber sollte daran gelegen sein, dass alle Hundehalter die Prüfung ablegen. Aber wer investiert schon Zeit und Geld für einen Führerschein, um den Hund dann auf einer Verkehrsinsel von der Leine nehmen zu dürfen?"