Deutschland hat ein kleines Wunder vollbracht. Inmitten der größten Finanzmarktkrise erzielte die Wirtschaft hierzulande ein stattliches Wachstum von drei Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt kletterte damit bereits im zweiten Jahr in Folge deutlich stärker als in vielen anderen Euro-Ländern. Nicht nur das. Auch die Erwerbstätigkeit hat ein Hoch erreicht, und die Arbeitslosigkeit ist zur Freude aller Beschäftigten gesunken. Die Bundesrepublik ist wieder zur Wachstumslokomotive in Europa geworden.

Der kräftige Aufschwung ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass viele Unternehmen offenbar ihre Hausaufgaben erledigt haben und gut im Wettbewerb aufgestellt sind. Ihre Produkte finden im In- und Ausland viele Abnehmer. Er zeigt aber auch, dass Deutschland stark von Europa und der Gemeinschaftswährung profitiert. Exporteure erzielen im europäischen Binnenmarkt ihren größten Absatz. Im außereuropäischen Markt kommt ihnen zudem der vergleichsweise schwach notierte Euro-Kurs zugute, da er ihre Waren günstiger und damit attraktiver macht.

Der Erfolg ist allerdings kein Selbstläufer. In diesem Jahr zeichnen sich bereits niedrigere Wachstumsraten ab. Größte Risiken für die Wirtschaft sind das herrschende Misstrauen in der Finanzbranche, die Staatsschuldenkrise sowie die Stabilität des Euro. Die große Kunst der Politik besteht jetzt darin, Wege zur Eindämmung der Schuldenlast zu finden, ohne die Euro-Länder durch überzogene Sparziele in die Rezession zu treiben. Ein Abschwung würde auch die Exportindustrie in Deutschland treffen und ein erneutes Wachstumswunder in weite Ferne rücken.