Herzlich willkommen: Die Hamburgerin Marla Charlotte Beatrix ist das erste Baby, das 2012 in Deutschland geboren wurde.

Hamburg. Lucija, Thorben, Christof und Camilla haben eines gemeinsam: Jeder von ihnen war Hamburgs Neujahrsbaby - 2004, 1995, 1990 und 1988. Alle Zeitungen der Stadt zeigten ihr Foto, zu manchen kamen sogar Fernsehteams. Und dann? Das Hamburger Abendblatt hat recherchiert, was aus den Neujahrsbabys geworden ist.

Als Lucija vier Jahre alt war und Silvester zum ersten Mal richtig bewusst mitbekommen hat, ist sie zu den Nachbarn gerannt, die Raketen in den Himmel steigen ließen, und bedankte sich: "Das ist so schön, dass ihr alle mit mir feiert." Mittlerweile ist Lucija acht Jahre alt und diese kindliche Sicht der Dinge passé. "In meiner Klasse sind alle neidisch", sagt sie. "Die würden auch gern an Silvester so lange aufbleiben und dann noch Geschenke kriegen. 2004 war Lucija Hamburgs Neujahrsbaby, 2008 blieb sie zum ersten Mal bis Mitternacht wach. "Ich glaube, sie wird mal eine richtige Partymaus", sagt Mutter Jurgita Haeseler. Einmal ist einer der Erwachsenen vor Mitternacht eingeschlafen, aber Lucija hat nicht zugelassen, dass er ihren Moment verpasst, und hat ihn geweckt.

Das Mädchen geht in die zweite Klasse und wohnt mittlerweile mit ihrer Familie auf dem Land in einem Vorort von Ratzedorf. Sie mag - typisch Mädchen - Pferde. "Die male ich am liebsten", sagt die Achtjährige. Aber nicht nur die, denn Zeichnen ist Lucijas großes Hobby. Ihre Bilder zieren die Tapeten im Kinderzimmer, als Geburtstagsgeschenk gibt es Stifte, und wenn sie groß ist, möchte sie Malerin werden. "Sie kommuniziert richtig mit uns über ihre Bilder", sagt Mutter Jurgita. Wenn sie etwa auf die Eltern sauer ist, schreibt sie "Mama" und "Papa" mit Rot auf ein Papier, streicht die Worte durch und hängt den Zettel an die Zimmertür. In ein paar Jahren kommt sie in die Pubertät, dann werden solche Szenen wohl häufiger werden - aber auch Partys. "In Zukunft werden wir hier an Silvester wohl immer viele Teenies haben", sagt die Mutter.

+++ Willkommen in Hamburg - Babyfotos aus den Geburtskliniken +++

+++ Etwas mit R +++

+++ Die Rangliste der besten Geburtskliniken +++

Lucija ist in ihrer Familie übrigens nicht die Einzige, die Neujahr ihren Ehrentag feiert. Ihre Uroma hat am selben Tag Geburtstag.

Für Thorben Gartz, 17, ist sein Geburtsdatum nichts Außergewöhnliches. "Ist doch wie jeder andere Tag", sagt der Zehntklässler. Ein Satz, der zu ihm passt. "Er ist eher der ruhige Typ", sagt Mutter Kristine Gartz, 43, über ihren Sohn, Hamburgs Neujahrsbaby 1995. "Er denkt genau nach, bevor er etwas tut, und ist nicht so der Draufgängertyp." Seine größte Stärke sei seine soziale Art, wegen der ihn viele mögen. Wenn es in der Klasse Streit gibt, schlichtet er. "Am Anfang wirkt er kühl", sagt die Mutter. "Aber wer einmal mit ihm Freund ist, ist es für immer."

Nach der Schule möchte Thorben einen sozialpädagogischen Beruf ergreifen. "Am liebsten was mit Kindern", sagt er. Sein Schlichterpotenzial könnte ihm dabei nützlich sein, und ein Besuch mit einem Dutzend kleiner Kinder im Freibad wäre auch kein Problem. Thorben betreibt nämlich Leistungsschwimmen. Zweimal in der Woche geht er zum Training, hinzukommen Turniere am Wochenende. "Meine Lieblingstechnik ist Delfin", sagt er. Ansonsten trifft er sich in seiner Freizeit gern mit Freunden oder kümmert sich um seine Haustiere: zwei Papageien, Leguane und Fisch. "Andere Tier gehen nicht", sagt Thorben, der als Kind Tierpfleger werden wollte. Der Papa hat eine Tierhaarallergie. An Silvester wird bei Familie Gartz um Mitternacht immer erst zum Geburtstag gratuliert und dann ein frohes neues Jahr gewünscht. Und auch wenn Thorben sagt, das Datum sei ihm nicht wichtig, einen Schönheitsfehler hat der 1. Januar dann doch: "Manchmal hätte ich lieber im Sommer Geburtstag - bei schönem Wetter."

52 Zentimeter groß, 3520 Gramm schwer. Das sind die Daten des Neujahrsbabys 1990, Christof Prüter. Eine Minute nach Mitternacht war er da - seine Mutter Antje Maria war überglücklich. Auch heute ist er noch bei ihr. Mutter und Sohn wohnen gemeinsam in einer Wohnung in Farmsen. "Es ist ein bisschen wie in einer WG", so Christof Prüter, 22. Bis er seine Ausbildung abgeschlossen hat, will er dort wohnen bleiben. Dann kommt vielleicht eine eigene Wohnung, ein berufsbegleitendes Studium, eine eigene Familie. Aber die Zukunft ist noch weit weg.

Anders als die Vergangenheit: Als Christof vier Jahre alt ist, trennen sich seine Eltern. Seine Mutter zieht mit ihm und seiner zwei Jahre älteren Schwester in den Osten der Stadt. Christof beginnt Fußball zu spielen. Als Stürmer. Er will Anwalt werden. "Aber irgendwann habe ich erfahren, wie lange das Studium dauert", sagt Christof heute. Je näher das Abitur 2009 rückt, umso weniger Zeit hat er für seine Hobbys Kicken und Freundetreffen. Er packt die Fußballschuhe für immer zur Seite. Seine Freunde gehen ihm vor. "Das ist eigentlich das Beste an meinem Geburtsdatum", sagt er. "Es sind immer alle da." Seinen 18. Geburtstag feiert er mit seinem Freundeskreis und dem seiner Mutter auf einer Silvesterparty auf Kampnagel. Eine eigene Feier schmeißst er nie. "Meine Freunde verfluchen mich deswegen auch ein bisschen", sagt Christof. "Aber irgendwer macht ohnehin immer eine Party zum Jahreswechsel, und da steuere ich dann einfach etwas bei, um gleich meinen Geburtstag mitzufeiern." In der Schule sind Mathe und Wirtschaft seine Stärken. Nach dem Abschluss und dem Zivildienst begann er 2010 passend dazu seine Ausbildung zum Industriekaufmann. Aus dem Baby ist ein Erwachsener geworden - auch was die Maße betrifft: 183 Zentimeter groß, 85 Kilo schwer.

"Eigentlich ist es ja ein bisschen peinlich", sagt Camilla Jahn, 24. "Aber ich gehe gern Pony reiten." Das Faible, das viele Mädchen irgendwann haben und ebenso irgendwann wieder ablegen, ist der jungen Frau erhalten geblieben. Als Kind gehörten für sie Ferien auf dem Ponyhof zum Sommer einfach dazu, und auch heute noch schwingt sie sich auf einem Hof in Schleswig-Holstein aufs Islandpony - aber seltener als früher. Denn das Neujahrsbaby von 1988 hat sein Elternhaus verlassen und ist im April nach Manchester gezogen. "Ich hab mir da vor zwei Jahren während eines vierwöchigen Praktikums jemanden angelacht", erklärt die Bürokauffrau ihren Umzug. Und mit eben diesem Jemand ist sie nun seit mehr als einem Jahr liiert - trotzdem haben sie erst vergangenes Wochenende das erste Mal gemeinsam in ihren Geburtstag reingefeiert. Denn Silvester 2010 verbrachte Camilla mit ihrer damals 90-jährigen Oma bei Verwandten in Chile.

Das passt zur äußerst kosmopoliten Familie Jahn. Camilla hat vier Geschwister. Ein Bruder lebt in Mexiko, ein anderer kam gerade erst von seinem Auslandssemester in Finnland zurück. Zu Weihnachten kamen alle zusammen. "Ich finde es super, mit so vielen Geschwistern aufgewachsen zu sein", sagt die 24-Jährige. "Es ist immer jemand da, um zu spielen und später um zu quatschen."

Ihr Geburtsdatum ist für sie eines wie jedes andere. Dabei wurde ihre Geburt damals sogar in ganz Deutschland verkündet, das sie bundesweit das erste Baby 1988 war. Ihre Eltern haben eine Kiste, in der sie all die Artikel und Filme aufheben. Auch eine Flasche Sekt haben sie darin deponiert. Die wollten die Eltern eigentlich mit ihrer Tochter zu deren 18. Geburtstag köpfen. "Aber ich mag gar keinen Alkohol", sagt Camilla. Ihre Mutter Birgit, 55, hat aber inzwischen schon einen neuen Plan mit dem Getränk: "Die Flasche bekommt sie, wenn sie selbst ein Kind zur Welt gebracht hat."