Eine Glosse von Alexander Schuller

Meine Freundin und ich hegten schon seit Oktober einen ganz einfachen Plan: Spätestens 2012 würden wir gesünder und vernünftiger leben. Kartoffelchips und Schokolade: Teufelswerk! Alkohol: erst einmal bis Ostern tabu. Zucker und Fett: ein No-Go. Und mit dem Rauchen würde endgültig Schluss sein - wird ja auch wieder teurer. Das so gesparte Geld hatten wir bereits vorsorglich in Laufausrüstungen und Jahresmitgliedschaften im Fitnessklub investiert.

Dann schlug es zwölf, und ich zündete feierlich meine ALLERLETZTE Zigarette an - aber nur, um die Zündschnüre der Raketen zu entfachen.

Als wir uns gestern am Neujahrstag gegen zwölf in der Küche begegneten, blickten wir in den Nieselregen hinaus, zogen in stillem Einverständnis unsere Laufklamotten wieder aus und schalteten "Sport extra" ein. Gegen Ende des Neujahrsskispringens schlug sie mir dann in beiläufigem Ton vor, von der Tanke gegenüber Glimmstängel zu holen, denn Fingernägel könne man schließlich auch schneiden und müsse man nicht kauen.

Als ich mit einer Stange Filterloser zurückkehrte, taute bereits der Käsekuchen meiner Tante Olga in der Mikrowelle auf, meine Freundin schlug Sahne dazu. Weil das Wetter nicht besser wurde, verzichteten wir auf den Antrittsbesuch im Fitnessklub, denn wir fürchteten, die Saunen würden überfüllt sein. Die Zeit bis zum Abendessen verging wie im Fluge.

Zum "Tatort" öffnete ich einen Barolo, während meine Freundin rasch eine französische Käseplatte zauberte: Es wäre schließlich zu schade, alles wegzuschmeißen, rief sie, während sie im obersten Bord des Küchenschranks nach der Tüte Erdnussflips wühlte, die sie dort versteckt hatte. Für Notfälle. Ich paffte Rauchkringel in die Luft, gab ihr recht und dachte, 2013 sei schließlich auch noch ein Jahr.