Machtkampf zwischen Amtsinhaber Günter Ploß und seinem Stellvertreter Erhard Erichsen. An diesem Sonnabend wird entschieden

Günter Ploß oder Ehrhard Erichsen - das ist an diesem Sonnabend die Frage, wenn die Mitglieder des Hamburger Sportbundes (HSB) ihren neuen Präsidenten wählen. Was nach einem Machtkampf zwischen dem 62 Jahre alten Amtsinhaber Ploß (seit 2005) und einem seiner sechs Vizepräsidenten klingt, ist ein skurriles Ränkespiel hinter den Kulissen, in dem es um politischen Einfluss und die Begleichung alter Rechnungen zu gehen scheint.

Dabei ist Ploß' Leistungsbilanz respektabel. Die Stadt wird bis 2012 inklusive der Sanierungsoffensive für Plätze, Hallen, Trainingsanlagen und Lehrschwimmbecken auch dank Konjunkturmitteln der Bundesregierung mehr Geld für den institutionellen Sport ausgegeben als je zuvor, rund 67 Millionen Euro in vier Jahren. Und Erichsen ist ein Teil dieser zumindest pekuniären Erfolgsgeschichte.

Mit rund 533 000 Mitgliedern in 799 Klubs ist der HSB die mit Abstand größte Personenvereinigung der Stadt. Die gesellschaftspolitische Kraft indes hat der HSB in seiner Geschichte nie verstanden auszuüben. Im Rathaus würdigt zwar jeder die Bedeutung mit wohlfeilen Worten, einen beachtenswerten Machtfaktor aber sieht im Senat niemand in den Sportlern. Dennoch geht es bei der Abstimmung über SPD-Mann Ploß und seinen CDU-Kontrahenten Erichsen, 71, auch um Parteipolitik. Volker Okun, 62, ehemaliger CDU-Bürgerschaftsabgeordneter, ist seit 1991 Schatzmeister des Hamburger Fußballverbandes (HFV). Er ist die treibende Kraft, die an der Spitze des HSB ein CDU-Mitglied sehen will. Die Kandidatenwahl geriet schwierig. Rolf Reincke, 46, CDU-Bürgerschaftsabgeordneter und HSB-Vizepräsident Leistungssport, wollte - und dann doch wieder nicht. Hamburgs Leichtathletik-Präsident Wolfgang Müller-Kallweit, 43, der für Okun 2005 in die Bürgerschaft nachrückte, hätte für einen Generationswechsel stehen können. Die Partei ließ ihn schnell wieder fallen. Kaum einer traute ihm den Job zu. Der ehemalige Sportstaatsrat Andreas Ernst, 39, winkte von vornherein ab, die frühere Sportsenatorin Alexandra Dinges-Dierig, 57, ist vorbelastet, weil sie vor sechs Jahren vom HSB einen Millionenbeitrag für die - bis heute - unentgeltliche Nutzung öffentlicher Sportanlagen, die sogenannte Hallensteuer, forderte.

Also Erichsen. Der wollte schon immer. Bereits 2005, damals Vizepräsident unter Ploß' Vorgänger Klaus-Jürgen Dankert, lotete er seine Chancen zum Sturz des Präsidenten aus. Dankert hatte sich in den Verhandlungen mit der Stadt um die Hallensteuer ins sportpolitische Abseits manövriert. Erichsen hatte die Gespräche begleitet. Er galt damals in der CDU als ungeeignet.

Stattdessen löste Ploß, ehemaliger Vizepräsident des Deutschen Volleyballverbandes, Dankert ab und schuf mit dem damaligen HFV-Präsidenten Dr. Friedel Gütt ein Vertragswerk mit der Stadt, das den Sportbund zwar zum Sparen zwang, andererseits mittelfristig seine finanzielle Existenz sicherte. Mit Gütts Nachfolger Dirk Fischer verhandelte Ploß später den aktuellen Sportfördervertrag aus. Fischer war es dann auch, der Erichsen in der vergangenen Woche seine Kandidatur ausreden wollte. Seine Botschaft: Machtkämpfe schwächten den Sport in schwierigen politischen Zeiten. Erichsen ließ sich von seinem Vorhaben nicht abbringen.

Sein größter Unterstützer ist Friedel Gütt, 77, Ehrenpräsident des HSB und des HFV. Der ehemalige SPD-Staatsrat, inzwischen zur CDU übergetreten, macht für Erichsen Wahlkampf bei Verbänden und mitgliederstarken Vereinen. Entgegen anders lautender öffentlicher Bekundigungen hat Gütt im Hintergrund, seinem bevorzugten Terrain, Ploß stets bekämpft. Da mögen persönliche Gründe eine wichtige Rolle spielen, entscheidend dürfte sein, dass Gütt seit Ploß' Amtsübernahme im HSB an Einfluss verloren hat.

Der Ausgang der Wahl ist offen. Erichsen vom Harburger SC, ein Mann zum Anfassen, genießt viel Sympathie bei kleineren Klubs, als dessen Anwalt er sich versteht. Karsten Bode, hauptamtlicher Geschäftsführer der Hausbruch-Neugrabener Turnerschaft (HNT) beschreibt ihn als "einen, der alles so haben will, wie es früher war". Tradition, das spricht für Erichsen, bleibt im Sport ein wichtiger Wert. Ploß vom Walddörfer SV, im Beruf Gesundheitsmanager, setzt auf Veränderungen. Er will den Verband künftig noch stärker zum Dienstleister für Vereine und Verbände ausrichten.