Ein Kommentar von Alexander Laux

Welche ungeheure, vereinigende Kraft der Sport in Südafrika hat, wurde schon einmal, 1995, deutlich. Als die Springboks ein Jahr nach dem Ende der Apartheid sensationell die Rugby-WM gewannen, übergab Nelson Mandela den Siegerpokal an das weiße Team - und Zehntausende Schwarze jubelten auf den Rängen.

Was damals ein bedeutender erster Schritt war, soll jetzt seine Fortsetzung finden. Als die Mannschaft Südafrikas am Mittwoch im offenen Bus durch die Straßen fuhr, wurde sie von Zehntausenden so heftig gefeiert, als habe sie bereits den Titel gewonnen, und ein Boulevard-Blatt titelte: "Südafrika ist bereit für den Krieg." Ein martialischer Fehlgriff, der aber die nationale Bedeutung aufzeigt.

Wenn heute die 19. Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika beginnt, geht es wie damals um weitaus mehr als um Unterhaltung. Die Risse in der südafrikanischen Gesellschaft erscheinen noch immer gewaltig, die Schere zwischen Arm und Reich geht weit auseinander, weshalb gerade mit der WM große Hoffnungen auf eine bessere Entwicklung verbunden sind.

Unabhängig vom Abschneiden des Gastgebers wäre jedoch eine erfolgreiche Organisation enorm wichtig für den ganzen Kontinent, der häufig noch fremd erscheint und bei vielen Menschen auf der Welt Ängste schürt. Afrika braucht weltweites Vertrauen. Deshalb gab es kaum ein politischeres Turnier. Und keines, das eine größere Last trägt.