Nur Berti Vogts wurde mit der schmerzlichen Niederlage einigermaßen fertig

Abendblatt-Reporter Manfred Heun schilderte seine Eindrücke nach dem Aus in der Zwischenrunde.

Die grenzenlose Enttäuschung über das 2:3 gegen Österreich, mit dem der Vorstoß ins "kleine Finale" um Platz drei vergeben wurde, hat die deutsche Mannschaft noch nicht abgeschüttelt. "Die meisten Spieler haben Angst vor der Ankunft in Frankfurt", gab Rainer Bonhof zu, für den das Turnier eine persönliche Niederlage bedeutete. Niemals fand er seine gewohnte Form. "Wir fürchten die Rache der Fans, ihren Hohn und Spott."

Die DFB-Expedition wird deshalb am Sonnabend auf dem Rhein-Main-Flughafen irgendwo am Rande des Flugfeldes ausgeladen. Sie wird noch einmal "aus Sicherheitsgründen", wie es offiziell heißt, ins Abseits gestellt, wie beim Turnier in Argentinien.

In Ascochinga, dem Trainingsquartier der deutschen Mannschaft, gab Helmut Schön gestern Abend seine letzte Pressekonferenz. Der scheidende Bundestrainer, nach einer seiner schwersten sportlichen Niederlagen in der langen, glanzvollen Laufbahn sichtlich gezeichnet, machte aus seiner tiefen Enttäuschung kein Hehl. "Es ärgert mich, dass einige Spieler glaubten, gegen Österreich aus dem Handgelenk spielen zu können. Das ist schmerzlich, und im Augenblick bleibt uns nur Trauer." Schön blickt zurück ohne Zorn und zog für sich die persönliche Bilanz: "Neun Zehntel meiner Zeit als Bundestrainer waren doch schön, daran ändert auch diese Weltmeisterschaft nichts."

Dass er, der so oft vom Glück Begünstigte, ausgerechnet in seinem letzten Länderspiel wenig Fortune entwickelte, dass den unterschätzten Österreichern nach 47 Jahren endlich wieder ein Sieg über die Deutschen gelang, ist tragisch. "Wir hätten Schön einen besseren Abgang gegönnt", versicherten zahlreiche internationale Experten.

Schwer getroffen von der Niederlage ist auch Rolf Rüssmann. Der blonde Schalker Vorstopper, der in allen Spielen zu den Besten zählte, scheiterte gestern an Österreichs großartigem Torjäger Krankl, der zweimal ins Schwarze traf. Rüssmann fühlt sich schuldig am Ausscheiden der Mannschaft. Obgleich ihm niemand einen Vorwurf gemacht hat, verbrachte der sensible Riese eine schlaflose Nacht.

Besser wurde Mannschaftskapitän Berti Vogts mit dem Eigentor zum 1:1 in seinem letzten Länderspiel fertig. Zu später Stunde versicherte er in Ascochinga, dass ihn die Kameraden getröstet hätten und er menschlich von seinem Team in keiner Weise enttäuscht sei. "Zu meinem Abschiedsspiel werde ich sie alle einladen ..."