Viele Menschen suchten ihr Glück in der Neuen Welt. Der Hamburger Reeder Robert Miles Sloman gab deshalb ein Motorschiff in Auftrag.

Hamburg. Das Leben in Europa war hart in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Viele Menschen suchten ihr Glück deshalb in der Neuen Welt jenseits des Atlantiks, ungeachtet der langen und beschwerlichen Reise. Die Auswanderersegler benötigten in der Regel bis zu 50 Tage von Hamburg nach New York. Vor diesem Hintergrund gab der Hamburger Reeder Robert Miles Sloman bei der britischen Werft T. & W. Pimm in Hull zum Preis von 400.000 Mark banco, der damals in Hamburg üblichen Währung, ein 67 Meter langes Dampfschiff in Auftrag. Es sollte als erstes Überseedampfschiff von einem deutschen Hafen aus die Reisedauer verkürzen, mehr Komfort bieten und 310 Passagiere aufnehmen.

Die Erwartungen waren also hoch, als der Dampfer am 29. Mai 1850 von Hamburg aus seine Jungfernreise antrat. Robert Miles Sloman hatte ihn "Helena Sloman" taufen lassen, mit dem Namen seiner Tochter. Von Weitem betrachtet wirkte er wie ein Segelschiff. Denn er trug, wie seinerzeit bei Dampfschiffen noch üblich, drei Masten und war getakelt wie eine Barkentine. Aber Seitenräder, die in jenen Jahren noch die meisten Dampfer antrieben, waren nicht zu erkennen. Stattdessen wurde das Schiff von einer sogenannten archimedischen Schraube vorangetrieben, einer Schneckenwelle, die sich in Fahrtrichtung durch das Wasser drehte. So erreichte das Schiff eine Geschwindigkeit von neun Knoten. Segel wurden gesetzt, wenn starke, günstige Winde wehten und die Maschine mit Naturkraft unterstützt werden konnte. Außerdem blieb das Schiff damit auch bei Maschinenschaden manövrierfähig. Ein solcher Fall trat gleich bei der ersten Reise auf.

Sloman war der erste deutsche Reeder, der ein Dampfschiff über den Nordatlantik schickte. Lediglich Engländer und Kanadier waren seit den 30er-Jahren des 19. Jahrhunderts dieses Wagnis schon eingegangen und damit geschäftlich erfolgreich. Sloman hatte englische Wurzeln, die Familie stammte aus der Grafschaft Norfolk, sein Vater war Kapitän der Brigg "Beaver", die regelmäßig zwischen der Themse und der Elbe verkehrte. Robert Miles Sloman gründete in Hamburg eine Reederei, die stark mit der 1847 gegründeten Hamburg-Amerika-Linie Hapag konkurrierte.

Die "Helena Sloman" traf am 29. Juni in New York ein, sie hatte 31. Tage gebraucht und war damit trotz des bereits erwähnten Maschinenschadens schneller als ein Segelschiff. Bei der Rückreise ohne Zwischenfall benötigte sie sogar nur 18 Tage, sie verkürzte die Fahrtdauer gegenüber den durchschnittlichen Segelschiffsreisen damit um mehr als die Hälfte. Slomans Erwartungen hatten sich also erfüllt. Er hatte aber auch lange Gelegenheit gehabt, den Markt der Nordamerikafahrten zu beobachten. Mit fünf Seglern hatte er ein eigenes Reedereigeschäft begonnen und es zielstrebig zur größten Hamburger Reederei ausgebaut. Seit 1836 war auch die Auswanderung über Hamburg offiziell zugelassen und Sloman hatte von Anfang an die Chancen im Liniendienst von Hamburg nach New York erkannt. 1845 eröffnete er eine weitere Linie von Hamburg nach New Orleans.

Die Freude des Reeders an seinem erfolgreichen Dampfer "Helena Sloman" währte jedoch nicht lange. Bereits bei seiner dritten Fahrt geriet das Schiff im November 1850 vor Neufundland in einen schweren Sturm, Schraube und Achtersteven wurden beschädigt, auch das Ruder brach. Die Passagiere mussten der Besatzung helfen, die Pumpen zu bedienen, um das leckgeschlagene Schiff über Wasser zu halten. Alle Menschen konnten zwar gerettet werden, aber das erste deutsche Dampfschiff für regelmäßige Überseefahrten versank.

Sloman blieb mit seinen Seglern trotz des Rückschlages im Auswanderergeschäft. Dabei geriet sein Schiff mit dem Namen "Leibnitz" im Jahr 1868 in die Schlagzeilen. Von den 544 Auswanderern an Bord starben 100 während der Reise. Die amerikanischen Inspektoren beschrieben die Zustände im Zwischendeck als "vollständige Pesthöhle und geradewegs dazu angelegt, den gesündesten Menschen zu töten". Reeder Robert Miles Sloman musste sich vor einem Hamburger Gericht verantworten und wurde zu einer Geldstrafe von 100 Talern verurteilt.

In Erinnerung geblieben ist Sloman in Hamburg als ein innovativer Reeder und Patriot. 1845 nahm er bereits die Idee von Kreuzfahrten auf, er bot an, "im Sommer eines meiner großen Fregatt-Schiffe mit einer Anzahl Passagiere auf eine Expedition um die Welt auszusenden". Doch für die erste Kreuzfahrt der Schifffahrtsgeschichte fanden sich nicht genügend Passagiere.

Als Patriot stellte er 1848 der Frankfurter Bundesregierung seine Bark "Franklin" zur Verfügung, um gegen die dänische Blockade im Schleswig-Holsteinischen Krieg zu rüsten. Die "Franklin" war damit eines der ersten Kriegsschiffe der deutschen Marine. Sloman setzte auch Bagger ein, um die Elbe zu vertiefen und den Hafen auszubauen, er verbesserte das Lotswesen und gehörte zu den Initiatoren der am 29. Mai 1865 gegründeten Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.

In Hamburg galt er auch als Förderer der Schönen Künste. So gehörte ihm das Hamburger Stadttheater an der Dammtorstraße. Am 2. Januar 1867 starb Robert Miles Sloman in seinem Haus am Harvestehuder Weg 7. Er hinterließ fünf Kinder, sechs weitere waren früh verstorben. Sein gleichnamiger Sohn führte die Reederei fort.

Am Stubbenhuk ließ die Reederei Robert Miles Sloman 1908 bis 1920 nach den Plänen des Hamburger Architekten Martin Haller ihr Kontorhaus bauen. Im Jahr 2000 wurde es unter Denkmalschutz gestellt und drei Jahre später saniert. Die Reederei übernahm 1973 die Mehrheit der Aktien von der Bremer Reederei D.G. Neptun. Sie nannte sich von da an Sloman Neptun Schiffahrts-Aktiengesellschaft und verlegte ihren Sitz in die Hansestadt an der Weser.