Der Präses der Handelskammer Hamburg, Frank Horch, ist gegen den Umzug der Hochschule. Sie brauche Anschluss an die Spitze, aber nicht an seeschifftiefes Wasser

Sollen Teile der Hamburger Universität auf den Kleinen Grasbrook am Hafen umziehen? Den überschaubar wenigen Befürwortern dieses Gedankens (wie dem Abendblatt-Leitartikler Matthias Iken am Donnerstag) geht es offenbar um den stadtentwicklungspolitischen "Sprung über die Elbe" und nicht um die immanenten Bedürfnisse der Universität. Diese soll instrumentalisiert werden, um eine städtebauliche Vision zu realisieren, der das östliche Hafen- und Industriegebiet der Stadt zum Opfer fallen soll.

Ehrlicherweise muss es aber vor allem um die Universität und ihre Bedürfnisse gehen. Hier steht die Hamburger Wirtschaft an ihrer Seite - auch aus Eigennutz! Nicht nur dass es eine Geschichtsverfälschung ist, unserer Handelskammer undifferenziert vorzuwerfen, sie habe vor fast 100 Jahren die Gründung der Universität verhindern wollen - die Akten beweisen das Eintreten für einen Forschungsstandort Hamburg.

Unsere Handelskammer und ihre Unternehmen sind sich im Klaren, dass die Zukunft unserer Stadt und des Wohlstandes nur auf der Fähigkeit beruhen, anwendungsreife Innovationen zu generieren, die uns Wettbewerbsvorsprünge verschaffen. Dies ist ohne eine funktionierende Wertschöpfungskette von der Grundlagenforschung über die anwendungsnahe Forschung bis zur Produktions- und Dienstleistungsreife nicht darstellbar. Diese Erkenntnis hat in Süd- und Westdeutschland bereits vor 25 Jahren einen politisch erzeugten Schub an hochschulnahen Gründerzentren und Technologieparks ausgelöst - was an Hamburg fast vollständig vorbeigegangen ist. Darauf hat unsere Kammer seit 1995 nachweisbar in ununterbrochener Folge hingewiesen und Abhilfe angemahnt.

Wir brauchen daher eine Universität mit Spitzenleistung und vernünftigen Baulichkeiten, vor allem mit den notwendigen Personal- und Sachmitteln und ein Umfeld mit Platz für Ausgründungen und die Ansiedlung von Unternehmen, die die Nähe zur Universität und ihren Forschungseinrichtungen suchen. Das lässt sich auf dem an drei Seiten vom Wasser umschlossenen Kleinen Grasbrook nicht realisieren. Da springen weit bessere Standorte ins Auge: Bahrenfeld mit der Nähe zu Desy für die naturwissenschaftlichen Fakultäten oder das Gelände des Huckepack-Bahnhofs in Rothenburgsort mit unmittelbarem Anschluss an Gewerbe- und Industriegebiete.

Diese besseren Standorte sind weit kostengünstiger zu realisieren. Auf dem Grasbrook sind bis zu einer Milliarde Euro für Tiefbaumaßnahmen aufzubringen, bevor man einen einzigen Uni-Bau errichten kann. Ich erwarte vom Senat, dass er gerade in Zeiten der Finanzkrise nicht unnötig Geld versenkt. Außerdem: Industrieflächen wie der Grasbrook am seeschifftiefen Wasser sind rar in Deutschland. Ohne dieses Angebot wäre zum Beispiel Airbus in Hamburg undenkbar. Ja, es besteht sogar das Potenzial für eine Renaissance der Küste als Industriestandort. Diese Chance - ohne Not! - zu verbauen ist unverantwortlich. Und auch ein städtebauliches Scharnier für den Sprung über die Elbe kann realisiert werden, wie unsere Vorschläge zeigen. Kurzum: Unsere Universität braucht Anschluss an die Spitze, sicher nicht ans seeschifftiefe Wasser.

Die Universität befindet sich in einer Eins-a-Lage mit gewachsener Urbanität. Sie braucht Geld für Hoch-, nicht für Tiefbauten. Wenn Teile der Uni es wünschen und eine stärkere Verzahnung mit der Wirtschaft suchen, bieten sich hervorragende Standorte an.