Wie das Großereignis in den nächsten 25 Jahren aussehen könnte

Wolfgang Müller-Kallweit hat eine Vision: "In 25 Jahren werden wir einen Hamburger Läufer oder eine Läuferin haben, die auf internationalem Topniveau mithalten können und unseren Stadtmarathon gewinnen." Müller-Kallweit ist Vorsitzender des Hamburger Leichtathletik-Verbandes (HLV), und die Hoffnung, dass Hamburgs Leichtathleten irgendwann den Anschluss an die Weltspitze schaffen könnten, sei ihm von Amts wegen gestattet. Im Rückblick auf 25 Jahre Hamburger Marathon mutet diese Vorstellung kühn an. Bislang liefen die besten Hamburger stets in einer eigenen Liga, einer unterklassigen. "Wir wissen, was zu tun ist", sagt Müller-Kallweit, "und wir arbeiten daran, um unsere Talente optimal fördern zu können."

Nicht nur der Verband, vor allem die Veranstalter des Hamburger Marathons sehen sich in den nächsten Jahren vor beträchtliche Herausforderungen gestellt, möchten sie die Erfolgsgeschichte des Rennens weiterschreiben. 850 000 Menschen an der Strecke wollen schließlich auch in Zukunft gut unterhalten werden. Am Mittwoch trifft sich Müller-Kallweit mit der ausrichtenden Agentur Act, um die dringlichsten Maßnahmen zu erörtern. Act-Chef Matthias Neumann kündigte gravierende Veränderungen an: "Wir haben entsprechende Pläne vorbereitet."

Die sind auch nötig. Die Zahl der Marathoni ist tendenziell rückläufig - und sie werden immer älter. "Wenn wir in den nächsten 25 Jahren beim Hamburger Marathon weiter mehr als 20 000 Anmeldungen verzeichnen, wäre das angesichts des demografischen Wandels in unserer Gesellschaft ein riesiger Erfolg", sagt HLV-Geschäftsführer Frank Thaleiser. Der Marathonboom der 80er und 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts scheint endgültig vorbei, immer weniger Läufer erreichen inzwischen nach 42,195 Kilometer das Ziel. Waren es vor vier Jahren bei allen deutschen Veranstaltungen insgesamt noch 150 000 sogenannte Finisher, sank die Zahl der Ankommer im vergangenen Jahr auf rund 125 000. Da viele Marathonläufer mehrmals im Jahr starten, dürfte es sich beim harten Kern um weniger als 60 000 Personen handeln. Das ist eine schmale Basis, eine schwindende dazu.

Der Hamburger Marathon ist von dieser grundsätzlichen Entwicklung nicht verschont geblieben, selbst wenn in diesem Jahr etwa 500 Läufer mehr als 2009 ihr Startgeld überwiesen haben. Der Trend bleibt der Feind der Organisatoren. Der Marathon verliert zunehmend seine Anhänger. Die Durchschnittszeiten dokumentieren das. Sie werden immer länger - weil die Läufer immer älter werden.

Der Hamburger Hoffnungsträger heißt "Das Zehntel", das Schülerrennen am Vortag über ein Zehntel der Marathondistanz. Zustimmung und Begeisterung für diese Veranstaltung wachsen, die 6400 Startplätze waren an Schulen im Handumdrehen ausgebucht. Die jungen Sportler in die Veranstaltung am Sonntag zu integrieren ist eine der Überlegungen. Zudem sollen weitere Zusatzangebote die Attraktivität des Hamburger Marathons hochhalten. Gedacht wird an Staffelrennen über 42,195 Kilometer.

HLV-Geschäftsführer Thaleiser möchte den Marathon darüber hinaus in ein Ganzjahresprogramm einbetten. "Es muss unser Ziel sein, dass der Marathon als Höhepunkt einer Reihe vorgeschalteter Rennen über kürzere Distanzen verstanden wird, die dann von den Läufern als Vorbereitung genutzt werden." Thaleiser will auch die Stadt Hamburg künftig stärker in die Pflicht nehmen. "Die Politik", sagt er, "ist sich nicht bewusst, dass die Stadt wirtschaftlich und imagemäßig vom Marathon noch mehr als heute profitieren könnte, wenn man ihn anders aufstellt, indem man die Attraktivität für Spitzen- und Hobbyläufer erhöht." Darüber gelte es in den nächsten Monaten zu reden. Für Hotels und Gastronomie indes bleibt der Marathon ein Renner - hoffentlich auch in den nächsten 25 Jahren.