Bundesweit mehr als 100 Initiativen haben sich am Wettbewerb “start social“ beteiligt. Die Bundeskanzlerin würdigt heute 25 von ihnen.

Hamburg/Berlin. Sich stark machen für Schwächere. Menschen unterstützen, die Hilfe brauchen. Und zwar ehrenamtlich. So viel "vorbildliches, ehrenamtliches Engagement" zeichnet Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) heute aus.

Mehr als 400 Hilfsprojekte hatten sich um die Teilnahme an dem Bundeswettbewerb"start social" beworben - in der Hoffnung auf eines der Stipendien. Insgesamt 100 ausgewählte Initiativen erhielten den Zuschlag und wurden mehrere Monate lang von professionellen Beratern aus der Wirtschaft gefördert. "Hilfe für die Helfer" ist nämlich das Konzept von "start social", das gemeinnützige Vereine dabei unterstützt, sich wirtschaftlich besser aufzustellen.

25 Projekte wurden ins Bundeskanzleramt eingeladen, fünf davon kommen aus Hamburg. Sie könnten zu den insgesamt sieben Preisträgern zählen, die jeweils 5000 Euro erhalten. Das Abendblatt stellt die fünf Hamburger Nominierten vor.

Werte erleben e. V.

Bühne frei für mehr Respekt - dafür setzt sich der Verein "Werte erleben" ein, der Jugendlichen zu mehr Mut, Respekt, Vertrauen und Verantwortung verhelfen will. Mit 60 Schülern inszenierte der Verein, der derzeit 140 Mitglieder zählt, das Stück "Herr der Fliegen" am Deutschen Schauspielhaus - es war eines der erfolgreichsten Stücke in der Spielzeit 2007/2008.

Derzeit laufen die Proben für das Stück "Frühlings Erwachen" nach Frank Wedekind, bei dem Senioren und Jugendliche gemeinsam auf der Bühne stehen. Die Premiere wird am 29. August im Schauspielhaus gefeiert. "Der Dialog der Generationen liegt uns sehr am Herzen", sagt die Vorstandsvorsitzende Corinna Lampadius. "Alt und Jung leben häufig nur nebeneinander her, ein Miteinander gibt es leider kaum." Das will der Verein mit verschiedenen Aktionen ändern. "Entscheidend ist, dass den Jugendlichen Werte nicht mit dem Zeigefinger vermittelt werden, sondern durch Erlebnisse und Erfahrungen." Mit dem Thema "Mut" haben sich gerade erst 86 Jugendliche aus 13 verschiedenen Schulen künstlerisch auseinandergesetzt. Die Werke, darunter Fotocollagen und Skulpturen, sind noch bis zum 29. April in den Deichtorhallen zu sehen.

"Am letzten Ausstellungstag werden die Werke abends versteigert, Mitbieter sind herzlich willkommen", sagt Corinna Lampadius.

Patchwork

Hilfe bei häuslicher Gewalt und bei Stalking bietet "Patchwork" betroffenen Frauen seit 13 Jahren. Etwa 500 Frauen, darunter viele Migrantinnen, besuchen jedes Jahr diese in der Hansestadt einzigartige Einrichtung im Schanzenviertel. Etwa zwei Drittel der Frauen leben in einer Beziehung mit häuslicher Gewalt, wollen sich trennen oder haben sich gerade von ihrem gewalttätigen Partner getrennt. Ein Drittel der Frauen hat Erfahrungen mit Stalkern.

Von Anfang an dabei ist die Mitbegründerin Irmgard Nauck, die seit 15 Jahren als Pastorin an der St. Johanniskirche in Altona arbeitet. "Gewalt an Frauen gibt es leider überall, auch direkt vor der eigenen Tür", sagt die 52-Jährige. Die Beratungsstelle arbeitet eng mit der Polizei zusammen, die Mitarbeiterinnen begleiten die Frauen zu Behörden, Gerichtsterminen, Arztpraxen. Trägerin der Einrichtung ist die evangelische Kirche. Irmgard Nauck: "Mir ist es wichtig, dass sich Kirche auch zu diesem Thema äußert." "Patchwork" wird hauptamtlich von fachlich hoch qualifiziertem Personal geführt und von einer Honorarkraft und mehreren ehrenamtlichen Helferinnen verstärkt. Die Mitarbeiterinnen sind rund um die Uhr für die Frauen erreichbar.

KinderLeben e.V.

Ester Peter war schwer krank. "Ich hatte einen Pakt mit dem da oben geschlossen - wenn ich die Notoperation überstehe und er mich leben lässt, werde ich dem Leben etwas zurückgeben", erzählt die 45-Jährige. Die OP war vor fünf Jahren. Sie hat ihr Versprechen an den lieben Gott inzwischen eingelöst und den Verein "KinderLeben" gegründet - das bundesweit erste Tages-Kinderhospiz. "Wir sind eine ambulante Einrichtung, das heißt, es geht hier morgens hinein und abends wieder hinaus." Sterbenskranke Kinder können hier mit ihren gesunden Geschwistern zum Beispiel eine schöne Zeit erleben. Sie sind hier aufgehoben, während die Eltern einfach mal Zeit für sich finden.

Derzeit reicht die Kapazität für fünf Kinder täglich, in Zukunft sollen es zehn sein. Es ist ein Ort für Familien mit todkranken Kindern. Während der Aufenthalt für unheilbar kranke Kinder in herkömmlichen stationären Hospizen zeitlich begrenzt ist, bietet die Einrichtung in Eidelstedt eine ganzjährige Betreuung an. Das Haus versteht sich als soziale und therapeutische Einrichtung und bietet auch Musiktherapie. Ein Team aus Pädagogen, Kinderärzten und Psychologen offeriert Kreativ- und Gestaltungstherapien sowie Betreuung und Beratung.

Dankbarkeit und die Freude, anderen Menschen zu helfen, sind Ester Peters Motivation für das Kinderhospiz.

Gefangene helfen Jugendlichen

Sie gehen ins Gefängnis. Für einen Tag nach "Santa Fu". Es ist ein Ausflug in die Welt hinter Gittern, die der Verein "Gefangene helfen Jugendlichen" für straffällig gewordene 14- bis 21-Jährige organisiert. "Wir wollen den jungen Menschen zeigen, dass Knast alles andere als cool ist. Dass das Leben im Gefängnis sehr viel härter ist, als es in amerikanischen Serien oder in Talkshows manchmal dargestellt wird", sagt Geschäftsführer Volkert Ruhe.

Der Mann weiß, wovon er spricht: Denn sechs Jahre seines Lebens hat Volkert Ruhe selbst in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel "gesessen" - wegen Drogenhandels. 1998, kurz vor seiner Entlassung, gründete Ruhe gemeinsam mit zwei damaligen Mitgefangenen das Hilfsprojekt. Mehr als 3500 Jugendlichen hat der Verein, für den derzeit sieben Inhaftierte aktiv sind und den Jugendlichen einen Einblick in ihren Alltag hinter Stacheldraht geben, schon das Leben im Gefängnis gezeigt. "Unser Ziel ist es, die Jugendlichen abzuschrecken", sagt Volkert Ruhe.

Auch ein "Anti-Gewalt-Training" bietet der Verein an, über einen Zeitraum von einem halben Jahr kümmern sich Experten vier Stunden in der Woche um Jugendliche, die als gewalttätig aufgefallen sind.

Hilfe für psychisch Kranke ohne Wohnung

"Psychische Krankheiten haben leider oft soziale Nebenwirkungen", sagt Manfred Voepel, Leiter des Sozialdienstes am Asklepios-Klinikum Nord. Gerade aus dem Krankenhaus entlassen, finden viele Erkrankte weder eine Arbeitsstelle noch eine Wohnung. Das will das Hilfsprojekt ändern: Für mehr als 80 Patienten haben Voepel und seine Mitstreiter seit April 2008 schon Wohnungen gefunden.

Doch der Bedarf ist groß: "Uns liegen derzeit allein 180 Anfragen vor", sagt Voepel. "Denn wir helfen Patienten nachhaltig, sich wieder ins Leben zu integrieren." Der Erfolg des Projekts sei auch ein Verdienst des ehrenamtlichen Mitarbeiters Arno Trebelsberger, der heute auch in Berlin bei der Preisverleihung dabei sein wird. "Er ist der Ansprechpartner für die Vermieter, klärt mögliche Probleme zügig auf."