Ab Montag erscheint das Abendblatt in neuem Layout und mit neuen Seiten. Das Konzept dazu kommt von den Lesern. Ihnen hat die Redaktion Hamburgs neue Seiten vorab präsentiert. Ein Ortstermin von Jens Meyer-Odewald

Aller Anfang ist heiter. Und die Schwelle ist der Platz der Erwartung. Was schon Goethe wusste, spürten auch mehr als 250 Gäste in der Axel-Springer-Passage. Aus erster Hand wurde präsentiert, wie das Hamburger Abendblatt von morgen aussehen wird. "Wir zeigen Ihnen das Ergebnis eines mehr als einjährigen Prozesses, den Sie gemeinsam mit uns gestaltet haben", sagte Chefredakteur Claus Strunz zur Begrüßung. Idee für Idee, Seite für Seite wurde vorgestellt, was die Stadt von Montag an zu Gesicht bekommt. Optisch, aber auch inhaltlich.

Entsprechend groß waren Wissbegierde und Spannung. Besonders auch deswegen, weil sich Anregungen und Wünsche der Leserschaft in der veränderten Zeitung widerspiegeln. Eingeladen zur exklusiven Präsentation waren jene, die sich vor gut zwölf Monaten als Leserkritiker beworben hatten. So wie Hans Maas, Volkswirt aus Winsen an der Luhe. "Auf den ersten Blick wirkt das Layout insgesamt moderner und frischer", so sein erster Eindruck. "Ich freue mich auf die Lektüre." Als langjähriger Abonnent begreife er sich als Partner des Abendblatts und begrüße die wichtige Rolle der Leser bei der Weiterentwicklung des Blattes.

Die anderen waren mit ebenso großen Erwartungen erschienen - darunter 30 Oberstufenschüler des Lerchenfeld-Gymnasiums und der Julius-Leber-Schule. Die bunte Gästemischung entsprach dem breit gefächerten Spektrum der Leser. "Wir haben ein heterogenes Publikum", brachte Strunz diese Vielfalt auf den Punkt. "Das ist der größte Schatz, den es gibt."

Und dann legte er los. Begleitet von Einblendungen auf einer großen Multimediawand und mehreren Monitoren demonstrierte er, wie unsere Zeitung zukünftig aussehen soll - von vorne bis hinten. Dabei spiele die Titelseite eine Rolle wie die Ouvertüre einer Oper. Unverändert sei das Prinzip aus den Gründertagen: "Wir wollen und werden alles in der Welt betrachten: durch die Hamburger, die norddeutsche und hoffentlich auch Ihre Brille." Für diese Garantie gab es Beifall.

Ebenso wie für die Inszenierung einer Veranstaltung, die es so in Deutschlands Medienwelt noch nicht gab. Ganz bewusst wurde der gewöhnliche Weg verlassen, Veränderungen "von oben" umzusetzen und die Kundschaft dann, wenn überhaupt, um Reaktionen zu bitten. "Wie erfrischend, wenn Leser von Anfang an mitgestalten können", meinte Stefan Kruse, Stammleser aus Aukrug. Positiv waren ihm die neue Meinungsseite "an prominenter Stelle ganz vorne" sowie der übersichtlichere Börsenteil aufgefallen. "Der Blick nach Norden jedoch muss noch mehr geschärft werden", fügte er hinzu. Getreu der ausdrücklichen Aufforderung, nicht nur Lob zu zollen, sondern konstruktive Kritik zu äußern. Weil sich eine gute Tageszeitung nur durch einen kreativen Dialog weiterentwickeln könne. "Wenn sehr schnell online steht, was passiert", brachte Claus Strunz seinen Grundsatz auf den Punkt, "muss das Abendblatt auf Papier sagen, was es bedeutet."

Was das konkret beinhaltet, war zu hören - und zu sehen. Abendblatt-Hostessen trugen großformatige Zeitungsseiten durch die Reihen. "Alles ist viel übersichtlicher, kein bisschen überfrachtet", befand Leser Dieter Krogh angesichts der veränderten Optik. Viel verspreche er sich von dem fortan erweiterten "Live"-Teil im Kulturbuch mit Aktuellem aus dem Hamburger Leben von heute.

In Zwiegesprächen mit Leserkritikern fragte der Abendblatt-Chefredakteur nach - oder antwortete auf Fragen aus dem Publikum. "Warum sind die Bilder oft so groß?", wollte ein Gast wissen. "Zukünftig wird die Fotofläche um 25 Prozent verringert", teilte Claus Strunz mit. Das Credo der gesamten Redaktion: "Text ist der König." Auf Nachfrage kündigte Sportchef Peter Wenig mehr Kommentare als "Nachspiel" an. Zudem werde Meistertrainer Felix Magath als regelmäßiger Kolumnist Akzente setzen.

Kein Wunder also, dass es Gesprächsstoff satt für die "zweite Halbzeit" gab. Bei Rotwein, Orangensaft, Brezeln und Sandwiches würzten Gäste und Redakteure einen interessanten Abend mit lebhaften Debatten. "Zustimmung und Freude überwiegen", meinte Britta Behrens aus Poppenbüttel zwischen zwei Stückchen Eiskonfekt. Sie sei gespannt auf die neue Meinungspalette auf der zweiten Seite. Gut gefalle ihr zudem die Platzierung des Tages-Witzes als Abschluss auf letzten Seite: "Sie werden lachen, aber meine fünf Kinder wollen jeden Morgen zuerst den Witz lesen." Dieses Vergnügen sei fast schon ein Ritual im Hause Behrens.

Im Gegenzug kritisierte sie das ihrer Meinung nach zu groß geratene Horoskop und plädierte für eine umfangreichere Handballberichterstattung. Praktisch, dass der zuständige Ressortleiter nur ein paar Meter weiter gerne Rede und Antwort stand. Kathi Pakhaeva aus der 13. Klasse des Gymnasiums Lerchenfeld freut sich auf den umfangreicheren Kulturteil und das erweiterte "Live", lobte die Gestaltung an sich, tadelte jedoch die Platzierung der "Tiere", die künftig immer mittwochs vorgestellt werden. In Projektgruppen, aber auch in der Aktion "Schüler machen Zeitung" hatten sich die Jugendlichen mit dem Thema Medien allgemein und dem Hamburger Abendblatt im Besonderen beschäftigt.

"Ich bin seit drei Jahrzehnten Stammleser", berichtete Belur Narayan Bhagavan, Manager aus Hamburg. "Das neue Gesicht des Abendblatts ist erstklassig", lautete sein erstes Urteil. Noch wichtiger sei ihm der Inhalt: "Nach 90 Minuten weiß ich Morgen für Morgen, was los ist - in der Stadt, im Umland, in Europa und in der Welt." Nur über Indien, mit mehr als einer Milliarde Menschen größte Demokratie der Erde und starker Wirtschaftspartner Deutschlands, müsse erheblich mehr berichtet werden.

Seine Auffassung übermittelte er dem Chefredakteur ganz persönlich. Ohnehin wurde Dialog an diesem Abend großgeschrieben. Nach mehr als drei Stunden anregender Diskussion verließen die Gäste das Verlagshaus ein bisschen schlauer als zuvor. Sie gingen übrigens nicht mit leeren Händen: Jeder Teilnehmer erhielt eine exklusive Titelseite des "neuen" Abendblatts mit dem eigenen Bild als Aufmacher-Foto. Darauf war zu sehen, dass neben den bewährten Grundsätzen auch der Namenszug geblieben ist. Ebenso wie das Motto ganz oben: "Mit der Heimat im Herzen die Welt umfassen." Darüber freute sich nicht nur Herr Bhagavan. Weil aller Anfang heiter ist.

In der Wochenend-Ausgabe stellen wir Ihnen das neue Abendblatt-Layout und unsere neuen Seiten vor.