Zeugen von Gewalttaten sind mit der Situation oft überfordert. Aktionstage in Harburg können noch bis Sonnabend besucht werden.

Hamburg. Jeder Erwachsene ist laut Gesetz verpflichtet, bei einer Straftat einzugreifen - im Rahmen seiner Möglichkeiten. Tut er das nicht, muss er sich wegen unterlassener Hilfeleistung verantworten. Anklagen, geschweige denn Urteile, gibt es selten. Das liegt weniger daran, dass dieses Phänomen kaum auftaucht, sondern daran, dass Menschen wegschauen. Auf das, was sie nicht sehen, können sie nicht reagieren. Oft haben Zeugen auch Angst, sich selbst in Gefahr zu begeben. Der Tod des Münchners Dominik Brunner etwa, der im vergangenen Jahr auf einem S-Bahnhof totgeschlagen wurde, nachdem er geholfen hatte, schreckt ab. Damit Passanten den Mut finden einzugreifen und lernen, wie sie es tun können, hat die Harburger Sicherheitskonferenz nun die Aktionstage "Zivilcourage - aber sicher" ins Leben gerufen.

Noch bis Sonnabend können sich Interessierte am S-Bahnhof Harburg, am ZOB Harburg und an der Lüneburger Straße über das richtige Verhalten bei Bedrohungslagen informieren. Schauspieler stellen Bedrohungsszenarien nach. Ein Moderator erklärt die angemessenen Reaktionen. An der Initiative sind neben der Harburger Sicherheitskonferenz auch die Deutsche Bahn, Bundes- und Landespolizei, die Opferschutzorganisation Weißer Ring sowie das Citymanagement Harburg beteiligt. Der Bezirk Harburg investiert 10 000 Euro.

"Es ist zuerst wichtig hinzusehen, wenn jemand in Bedrängnis ist", sagt Polizeihauptkommissar Günter Wienecke, der an Schulen Gewaltprävention lehrt. Oft reiche es schon, laut und deutlich zu sagen, dass die Polizei bereits gerufen worden sei. "Man sollte Mitstreiter suchen und mit ihnen eine Öffentlichkeit herstellen", erläutert Wienecke. Ein "kommen Sie her, wir helfen Ihnen" reiche aus, um diese herzustellen. "Täter meiden die Öffentlichkeit. Sie wollen nicht erkannt werden." Auch Opfer können dies tun. Werden sie belästigt, sollten sie Passanten gezielt ansprechen. "Sie, der Herr mit der schwarzen Jacke, helfen Sie mir. Holen Sie die Polizei." Einer solchen Ansprache kann sich niemand entziehen. Zeugen sollten sich zudem das Äußere der Täter merken und bei der Polizei aussagen. Ohne eine genaue Beschreibung ist die Überführung von Tätern oft nicht möglich.

Die Termine der Zivilcourage-Aktion: heute 15-18 Uhr, ZOB Harburg; Freitag 14-17 Uhr, Lüneburger Straße/Lüneburger Tor; Sonnabend 19-21 Uhr S-Bahnhof Harburg (Zwischenebene). Vorführungen jeweils zur vollen Stunde. Experten beraten an Infoständen. Informationen im Internet unter www.aktion-tu-was.de