Ein Gespräch über die Probleme kleinerer Firmen, an Kredite zu kommen, den Sinn von Stadtteilschulen und Sponsoring für die Elbphilharmonie.

Hamburg. Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW) vertritt in der Metropolregion Hamburg rund 1500 Mitgliedsunternehmen, einen Querschnitt durch praktisch alle Wirtschaftsbranchen. Das Abendblatt sprach mit dem Landesbeauftragten Andreas Feike (48) über die Stimmung bei den Unternehmen und die Herausforderungen für die Firmen in Norddeutschland nach dem Ende der Krise.

Hamburger Abendblatt:

Herr Feike, Ihr Verband hat in der Metropolregion Hamburg rund 1500 Mitgliedsunternehmen aus praktisch allen Branchen. Das müsste Ihnen ein recht umfassendes Bild vermitteln - wie ist die Stimmung im Hinblick auf Krise und Aufschwung?

Andreas Feike:

Die Lage ist viel besser, als die Stimmung der öffentlichen Debatte es vielleicht vermuten lässt. Die meisten Unternehmen sind nach unserer Wahrnehmung ohne allzu große Blessuren durch die Krise gekommen - und ohne in gravierendem Umfang Mitarbeiter zu entlassen.

Also stehen alle Zeichen auf Aufschwung?

Es gibt sicher nach wie vor das besondere Problem, dass die Finanzierung vieler Unternehmen nicht funktioniert. Mit der Finanzmarktkrise ist bei vielen Banken eine Verunsicherung eingezogen, die bis heute anhält. Viele Institute trauen sich einfach kaum noch etwas. Das bringt vor allem kleineren Unternehmen große Probleme. Je kleiner das Unternehmen und je kürzer dessen Firmengeschichte ist, desto geringer ist die Bereitschaft der Banken, bei der Vergabe eines Kredits großzügig zu sein.

Was lässt sich dagegen tun?

Wir versuchen zu vermitteln, wenn das gewünscht ist. Es kann nicht sein, dass die Banken Kredite nur noch nach Gusto vergeben. Ich habe Unternehmer erlebt, die fast schon schamvoll erzählten, dass sie trotz Wirtschaftskrise 2009 das beste Ergebnis ihrer Firmengeschichte erwirtschaftet hätten. Dennoch bleibt die Hausbank zugeknöpft.

Welche Themen beschäftigen Ihren Verband derzeit besonders?

Vorrangig sind es im Landesverband immer die Themen, die durch die Struktur der regionalen Wirtschaft, aber auch durch die städtische Politik gesetzt werden. Eine wesentliche Debatte ist derzeit natürlich die Auseinandersetzung um die Schulreform. Uns beschäftigen aber zum Beispiel auch Public Private Partnerships, das Engagement von Unternehmen in Feldern, die klassischerweise in die öffentliche Zuständigkeit fallen.

Welche Position vertritt der BVMW bei der hart umstrittenen Schulreform?

Es macht Sinn, aus Hauptschulen, Realschulen und Gesamtschulen Stadtteilschulen zu formen. Insbesondere die Form der Hauptschule ist bei den heutigen Anforderungen an Bildung überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Die Kinder, die dorthin gehen, stehen ohne eine besondere Förderung später fast unweigerlich auf der Verliererseite. Man sieht das indirekt ja auch bei der Diskussion um die Bildungsqualität von Auszubildenden, die mittlerweile fast jedes Jahr zum Ende des Schuljahres wieder aufkommt. Es kann und darf nicht sein, dass die Unternehmen ihren Auszubildenden grundlegende Kenntnisse wie Rechnen, Lesen oder Schreiben vermitteln. Das ist die Aufgabe des öffentlichen Schulwesens, und die Schulen müssen entsprechend modernisiert werden, um dieser immer anspruchsvolleren Anforderung gerecht zu werden.

Denken Sie bei Public Private Partnerships auch an Kooperationen von Staat und Unternehmen im Bildungswesen?

Man kann über solche Projekte reden, wenn sie punktuell bleiben und Sinn machen. Grundsätzlich ist aber die Bildung der Kinder und Jugendlichen eine hoheitliche staatliche Aufgabe. Daran sollte man nicht rütteln.

Wo können Unternehmen und Staat dann kooperieren?

Es gibt dafür viele Beispiele, vor allem beim Bau und dem Betrieb von Verkehrswegen. Unternehmen finanzieren sie und erhalten dann entsprechende Einnahmen aus dem Betrieb. In Hamburg beschäftigt uns derzeit allerdings ein anderes, prominentes Projekt, die Elbphilharmonie. Wie sich die Kosten hier weiterentwickeln, ist völlig unabsehbar. Der Kostendruck, der auf der Stadt liegt, ließe sich lindern, wenn Unternehmen - wie auch Bürger als Privatleute - verstärkt in die Finanzierung eingebunden würden, im Stile von Sponsoring. Was spräche dagegen, dass ein Unternehmen eine einzelne Treppe, eine einzelne Säule in dem Gebäude finanziert und dass dies öffentlich gekennzeichnet wird?

Freitreppe und Marmorsäule sponsored bei Fritz Kola?

Warum denn nicht? Das kann sogar zusätzliches Publikum in die Oper bringen, denn die meisten, die sich dort beteiligt haben, möchten das natürlich auch gern öffentlich zeigen.

Haben Sie das ernsthaft im Verband diskutiert?

relatedlinksSelbstverständlich. Wir sehen es als Kern unserer Verbandsarbeit und unserer Dienstleistung für die Mitgliedsunternehmen an, wirtschaftliche Spielräume und Möglichkeiten in der Stadt aufzuzeigen. Dazu kann das Sponsoring eines so bedeutenden Kulturprojekts ebenso gehören wie die Beschreibung neuer Märkte. Nur ein Beispiel dafür: Die sogenannten Stadtmöbel, vor allem die heutige elektronische Plakatwerbung, werden in einigen Jahren wohl völlig anders aussehen. Sie können dann nämlich digital bespielt werden, was eine riesige Vielfalt von Werbung zu günstigen Preisen ermöglicht. Sofern sich das Problem des Vandalismus und der Zerstörung solch teurer Anlagen in den Griff bekommen lässt, kann das ein sehr lukratives Geschäft werden. So etwas kommunizieren wir bei Veranstaltungen im Verband.

Also klassisches Verbandsgeschäft - gibst du mir, geb ich dir?

Ich glaube, genau das tun wir nicht und wollen wir nicht tun. Aufdringliche Selbstvermarktung hat nach meiner Erfahrung meist eine kurze Halbwertszeit. Unsere wichtigste Aufgabe besteht vielmehr darin, ein Netzwerk für unsere Mitgliedsunternehmen zu knüpfen. Ich sehe mich dabei vor allem als ein "Beziehungsmanager".