Die Gabelstapler-Branche leidet massiv unter der Wirtschaftskrise. Im laufenden Jahr setzt man vor allem aufs Ausland.

Hamburg. Schlimmer hätte es für die Gabelstaplerhersteller kaum kommen können: Um fast 40 Prozent ist der Weltmarkt im vergangenen Jahr abgesackt, in einzelnen Ländern sogar noch viel stärker - in Russland ist der Markt mit einem Minus von 87 Prozent praktisch völlig zusammengebrochen. Damit gehört die Branche zu den am härtesten von der Krise betroffenen Wirtschaftszweigen.

Ein Blick auf die Umsätze der führenden Branchenanbieter zeigt die Folgen: Toyota verzeichnete ein Minus von 30 Prozent auf umgerechnet 3,4 Milliarden Euro, die Kion-Gruppe mit dem Hamburger Unternehmen Still verlor 32 Prozent auf 3,1 Milliarden Euro und der amerikanische Hersteller Nacco büßte sogar 45 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro ein. Verglichen damit kam Jungheinrich, die Nummer drei des Marktes, mit einem Umsatzrückgang von 22 Prozent auf knapp 1,7 Milliarden Euro relativ glimpflich davon.

Jungheinrich-Chef Hans-Georg Frey hat eine Erklärung dafür: "Wir sind besonders stark in der Lagertechnik, die im vergangenen Jahr nicht so sehr gelitten hat wie das Geschäft mit Verbrennungsmotorstaplern."

Doch in diesem Jahr soll es am Markt wieder aufwärts gehen. Laut Branchenprognosen soll die weltweit verkaufte Stückzahl an sogenannten Flurförderzeugen um mehr als zehn Prozent auf 600 000 bis 650 000 Stück steigen. Davon dürfte Jungheinrich allerdings nicht in vollem Umfang profitieren. Denn die Erholung soll sich in Asien und in Nordamerika deutlich ausgeprägter zeigen als in Europa. "Aber unser Kernmarkt ist Westeuropa", sagte Frey, "in Asien wie auch in Nordamerika sind wir noch unterrepräsentiert."

Zumindest einen leichten Umsatzanstieg auf etwas mehr als 1,7 Milliarden Euro erwartet der Jungheinrich-Chef für 2010 aber dennoch. Darauf deutet auch der Auftragseingang hin, der in den ersten beiden Monaten des Jahres um vier Prozent auf 265 Millionen Euro zunahm. Für die Belegschaft ist das eine beruhigende Nachricht. "Aus heutiger Sicht gehe ich davon aus, dass wir in diesem Jahr keine zusätzlichen Personalabbaumaßnahmen einleiten müssen", sagte Frey dem Abendblatt.

Im Jahr 2009 sank die Mitarbeiterzahl weltweit um 830 auf 10 372 Personen, wobei 312 Stellen von Leiharbeitern gestrichen wurden. Im Werk Norderstedt und in Hamburg fielen insgesamt 230 Arbeitsplätze weg, die Hälfte davon betraf Leihkräfte.

"Wir mussten uns den veränderten Realitäten anpassen, denn voraussichtlich wird der Markt erst im Jahr 2014 wieder das Niveau erreichen, das wir 2008 hatten", sagte Frey. Bei dieser Anpassung der Kapazitäten spielte die Kurzarbeit eine wichtige Rolle - ebenso wie beim Wettbewerber Still, wo bis zu 900 der 1860 Beschäftigten in Hamburg davon betroffen waren.

Jungheinrich meldete für etwa 2300 der 4500 Mitarbeiter in Deutschland Kurzarbeit an, in Hamburg waren es 1300. "Während aber anfangs nur etwa die Hälfte des Monats gearbeitet wurde, haben wir jetzt nur noch drei oder vier Kurzarbeitstage im Monat", erklärte der Firmenchef. "Kurzarbeit ist kein billiges Instrument für uns, weil die Produktivität deutlich sinkt. Aber das ist es wert, denn so können wir möglichst viele qualifizierte Mitarbeiter an Bord halten."

Trotz der Krise erwirtschaftete Jungheinrich 2009 noch einen operativen Gewinn (Ebit) von acht Millionen Euro, doch angesichts hoher Einmalbelastungen fiel unter dem Strich ein Verlust nach Steuern von 55 Millionen Euro an, verglichen mit einem Gewinn von 77 Millionen Euro im Vorjahr. In diesem Jahr soll auf jeden Fall wieder ein positives Ergebnis zu Buche stehen.

Dabei hat der Jungheinrich-Vorstand bereits einige Weichen gestellt, um künftig besser von Marktchancen profitieren zu können. Dazu wird unter anderem das Werk in China ausgebaut. Das soll aber nicht zulasten des Standorts Deutschland gehen: "Wir verlagern die Fertigung eines Staplers dorthin, für den hier schon ein Nachfolgemodell gebaut wird."

Aber noch ein weiterer Faktor stimmt Frey zuversichtlich: "Wir sind ein börsennotiertes Unternehmen mit den Eigenschaften einer Familienfirma." Dank der Eigenkapitalquote von 25 Prozent und hoher Liquidität sei man nicht abhängig von Banken.