Hamburgs Spitzenköche über regionale Küche, Kochshows im Fernsehen und die Freuden eines Butterbrots.

"Wie kocht sich Hamburg aus der Krise?" war eines der Gesprächsthemen beim Roundtable mit sieben Sterneköchen der Stadt. Piment-Chef Wahabi Nouri wurde von der Gault-Millau-Jury zum Koch des Jahres 2010 gewählt, unter anderem, weil er mit seiner Aromenküche "den Weg aus der Krise gezeigt" habe. Individualität und die Vielfalt in kleineren Häusern - Hamburgs großes Pfund im Bereich der Spitzengastronomie. Dennoch hätten alle Häuser etwas von der Wirtschaftskrise gespürt. "Man hat klar gemerkt, dass bei den Firmen die Budgets für große Veranstaltungen fehlten", sagt Karlheinz Hauser, Chef des gleichnamigen Restaurants auf dem Süllberg.

Die beste Strategie gegen die Krise? "Nicht nichts zu tun", rät Gerald Zogbaum von der Küchenwerkstatt auf der Uhlenhorst. Vielmehr solle man daran arbeiten, sein Profil zu schärfen, um sich von anderen abzusetzen.

Zum Beispiel auf regionale Küche zu setzen - ein Trend, den Thomas Martin vom Jacobs Restaurant ganz klar vorn sieht in diesem Jahr. Geflügel, Fisch und Gemüse aus der Nachbarschaft beziehen, den Verbund von Erzeugern und Produzenten weiter stärken - so, wie es die Kollegen in Skandinavien tun. Das Kopenhagener Restaurant Noma etwa, das kürzlich zum drittbesten Restaurant der Welt gekürt wurde, setzt ausschließlich auf regionale Küche.

Für Martin gehört aber auch dazu, die klassischen Rezepte der deutschen Küche aufleben zu lassen und dafür zu sorgen, dass es nicht langweilig wird. Im Grunde also weniger Chichi, sondern Klasse und Qualität bieten. "Und dann haben wir ja noch die Kreuzfahrtschiffe, die uns regelmäßig besuchen. Zumindest die elbnahen Restaurants können davon profitieren."

So wie Heinz-Otto Wehmann vom Landhaus Scherrer zum Beispiel. Der Gastronom steht wie kein Zweiter für traditionelle Hamburger Kochkunst. "Moderne Verfahren wie beispielsweise die Molekularküche sind zwar gerade sehr in Mode, aber am Ende muss das Produkt stimmig sein. Ich bin sicher, dass das Regionale wieder stark im Kommen ist." Dabei sei regionale Küche nicht so einfach, wie es klingt. "Dazu gehört, Zeit in Einkauf und Zubereitung zu investieren, sich auseinanderzusetzen. Einige Köche kennen ja nicht einmal den Saisonkalender von Obst und Gemüse!" Karlheinz Hauser nickt: "Gelees und Schäume gibt es rauf und runter. Am Ende muss es schmecken. Wenn die Speisen nicht harmonieren, haut es nicht hin."

Auch bei Gerald Zogbaum steht die Natur im Vordergrund: "Das eigentliche Produkt wie ein Stück Fleisch perfekter zu machen, ohne es stark zu verändern, ist unser Ziel. Mit Garmethoden, Würze, der Kombination mit anderen Zutaten. Geschmack ist das Größte. Es ist das, was beim Gast hängen bleibt."

Jochen Kempf vom Restaurant Prinz Frederik in Harvestehude springt beim diesjährigen Großen Gourmetpreis für Christian Rach vom Tafelhaus ein. Der "Restauranttester" musste seine Teilnahme wegen TV-Terminen absagen. Diesen Hype um Fernsehköche findet Heinz-Otto Wehmann an sich in Ordnung: "Er kommt uns ja entgegen. Und mal ehrlich: Welcher Beruf vereint schon handwerkliches Können, Selbstvermarktung und Medienpräsenz auf diese Weise?" Würde er gern mit Herrn Rach tauschen? "Gegenfrage: Würden Sie Oliver Pocher zu Hause an Ihren Herd lassen?!" Jochen Kempf sieht es nüchterner: "Ins Fernsehgeschäft einzusteigen ist eine Grundsatzentscheidung, die jeder persönlich treffen muss. Aber nicht jeder hat das Talent zum Fernsehkoch." Gerald Zogbaum ist kritischer: "Was mich bei den Kochshows nervt, ist, dass immer nur eine Person im Vordergrund steht. Dabei ist in Spitzenrestaurants immer ein ganzes Team für den Erfolg verantwortlich."

Die Faszination von Kochshows besteht eigentlich darin, dass Zuschauer sich etwas ansehen, was sie selbst kaum machen, nämlich kochen. Das müsste im Umkehrschluss heißen, dass Köche alles sehen, außer Kochshows. "Man sieht sich die Shows schon an, um auf dem Laufenden zu sein, wer was macht", sagt Heinz-Otto Wehmann. "Aber wenn es in der Sendung nicht mehr um das Kochen, sondern nur noch um Show geht, wird es uninteressant", ergänzt Karlheinz Hauser. Für Thomas Martin ist es nur spannend, wie sich die Leute in der Küche präsentieren. "Die Trends setzen wir selber. Schließlich sind wir viel dichter dran als ein TV-Koch."

Über Geschmack lässt sich bekanntlich ohnehin nicht streiten. Und über Genuss? Den definiert jeder der sieben Hamburger Spitzenköche ganz persönlich. Christoph Rüffer vom Restaurant Haerlin gibt sich am liebsten ganz und gar einem stilvollen Essen hin und vergisst die Welt um sich herum - "wie bei einem Mittagessen kürzlich in Paris, das war wunderbar!" Wahabi Nouri genießt die Momente, wenn die Gäste erwartungsvoll in sein Restaurant kommen und es glücklich wieder verlassen. Für Jochen Kempf ist es ein Hochgenuss, wenn Speisen und Ambiente perfekt zusammenpassen. Wenn Heinz-Otto Wehmann allein zu Hause ist, schmiert er sich am liebsten ein einfaches Butterbrot. Genuss ist für ihn, "Zeit und Freiheit zu haben, um zu träumen - das muss nicht unbedingt mit Essen zu tun haben", schmunzelt er. Ähnlich sieht es Karlheinz Hauser, der die badische Küche als die beste der Welt bezeichnet: "Für mich bedeutet Genuss, offen zu sein für die schönen Dinge des Lebens wie ein guter Rotwein oder ein schönes Essen. Und vor allem: die Zeit dafür zu haben." Auch Gerald Zogbaum - ganz Philosoph - genießt es, sich frei dem Moment hinzugeben. Thomas Martin bringt es mal wieder auf den Punkt: "Ich sitze am liebsten mit einem Glas Rotwein zu Hause auf dem Sofa."