Kiel/Hannover/Wiesbaden. Die schwarz-gelbe Landesregierung von Hessen lockert das Tempolimit auf den Autobahnen spürbar. Obwohl auch in Niedersachsen und Schleswig-Holstein CDU und FDP regieren, winken die zuständigen Ministerien ab. Hessen dagegen mit rund 1000 Kilometer Autobahn will 22 Tempolimits völlig aufheben, auf vier weiteren Abschnitten die Höchstgeschwindigkeit von 100 auf 120 Kilometer anheben. Insgesamt geht es um 80 Streckenkilometer.

Die Landesregierung in Kiel dagegen will die Tempolimits auf Autobahnen weder verschärfen noch lockern. "Wir haben mit der Richtgeschwindigkeit 130 gute Erfahrungen gemacht", sagte Verkehrsminister Jost de Jager (CDU) gestern. Auch für eine Reduzierung von Tempobegrenzungen sieht das Ministerium keinen Grund. Die Bundesvorgaben würden in Schleswig-Holstein "mit Augenmaß" umgesetzt.

Auf den Autobahnen (insgesamt 498 Kilometer) gibt es derzeit nur auf einigen Abschnitten Tempolimits. So ist die Höchstgeschwindigkeit auf 120 begrenzt, wenn es keine Standspur gibt (A 210 Kiel-Rendsburg), um ein Autobahnkreuz (A 7 Bordesholmer Dreieck) abzusichern, oder aus Gründen des Lärmschutzes. Auf Abschnitten in der Metropolregion (etwa A 23 bis Pinneberg) ist Tempo 120 wegen der hohen Verkehrsdichte vorgeschrieben.

Bundesweit einzigartig ist das Tempolimit 100 auf der A 20 (Lübeck bis Grenze Mecklenburg-Vorpommern). Es wurde im Planfeststellungsbeschluss festgehalten, um die Belastung für Mensch und Natur zu begrenzen. Das Land möchte das Limit aber kippen, den Planfeststellungsbeschluss verändern, das aufwendige Verfahren läuft.

Auch das Verkehrsministerium in Hannover sieht keinen akuten Handlungsbedarf: "Alle Tempolimits werden ohnehin regelmäßig darauf überprüft, ob sie sachgerecht sind." Betroffen von Tempolimits seien vor allem die stark belasteten Autobahnen A 1 (Hamburg-Osnabrück), A 7 (Hamburg-Hannover-Göttingen) und A 2 (Helmstedt-Hannover-Ruhrgebiet). Bei insgesamt 1400 Autobahnkilometern in Niedersachsen seien Tempolimits und Überholverbote für Lastwagen auf den anderen Autobahnen dagegen nur in Ausnahmefällen nötig.

Lichtblick für die Autofahrer auf der unfallträchtigen A 2: Bis Ende des Jahres soll hier die automatische Verkehrslenkung fertiggestellt werden. Dann könnten etwa zwischen Hannover und Braunschweig die starren Geschwindigkeitsbegrenzungen aufgehoben werden. Mindestens in verkehrsärmeren Zeiten würde dies freie Fahrt bedeuten.