Grund für den Bau der Speicherstadt war der Zoll-Anschluss Hamburgs an das Deutsche Reich. Die Hafen-Lagerhaltung sollte daher im zollfreien Hafen geschehen. Als idealer Platz erwies sich dazu der Große Grasbrook in unmittelbarer Wasser- und auch Innenstadtnähe, wie der Autor Oliver Driesen in seinem am Freitag erscheinenden Buch "Welt im Fluss" schreibt. Ein ganzer Stadtteil wurde dazu abgerissen, 20 000 meist ärmere Bewohner mussten umziehen: "Innerhalb weniger Jahre, schon ab 1883, schafft die Stadt hier Tatsachen - in einem Tempo und einer Unerbittlichkeit, die für unsere Zeit geradezu Furcht einflößend erscheinen", wie Driesen schreibt. Ganze Viertel wurden innerhalb von 24 Monaten dem Erdboden gleichgemacht, 1000 Gebäude abgerissen. Die Speicherstadt hatte damals wenig von ihrem heutigen romantischen Ruf. Sie war, so Driesen, "nichts weniger als das modernste und größte zusammenhängende Hafenlogistikzentrum seiner Zeit". Gebaut wurde sie in mehreren Etappen zwischen 1885, dem Gründungsjahr der heutigen HHLA, und 1927. Die auf Tausenden Pfählen errichteten Backsteingebäude zeigten mit ihren Gesimsen, Erkern und kleinen Giebeltürmchen den Stil der "Hannoverschen Architekturschule", der sogenannten "sakralen norddeutschen Backsteingotik". Bauherrin war das Vorgänger-Unternehmen der HHLA, die noch bis heute im Besitz des gesamten Ensembles ist.

"Welt im Fluss" beschreibt die Geschichte des Hafens. (Hoffmann und Campe, 35 Euro).