Nach sechs Jahren Pause steht die Intendantin wieder in einer Hauptrolle auf der Mundsburg-Bühne.

Hamburg. Ursprünglich wollte sie gar nicht spielen. Bewusst hat sich Isabella Vértes-Schütter in den letzten Jahren voll und ganz auf die Theaterleitung konzentriert. Sie hat die "plattform"-Bühne für Jugendtheater aufgebaut, die innere und äußere Neugestaltung des Hauses betrieben. Beim Besuch einer Wiener Aufführung von Wajdi Mouawads "Verbrennungen" hat sie dann die Lust zu spielen wieder gepackt. " Das Stück hat mich auch richtig getroffen" erzählt sie. "Ein spannender, neuer Text, den ich für wichtig halte." Sie wollte das Familien-Drama vor dem Hintergrund des Nah-Ost-Konflikts unbedingt auf ihre Bühne bringen. "Zu meiner Überraschung war es für Hamburg frei gegeben." Da hat sie zugegriffen - und die Rolle der Mutter Nawal übernommen.

Fünf Uhr nachmittags. Isabella Vértes-Schütter kommt von der Probe. Jetzt beginnt ihr Direktionsjob. Wie schafft sie es, die beiden anspruchsvollen Aufgaben unter einen Hut zu bringen? "Die Verantwortung für das Theater behindert mich beim Spielen nicht", antwortet sie prompt. "Die Direktorin nehme ich nicht mit auf die Probe." Dennoch ist sie gefordert: Fragen oder Probleme sind zu lösen und dulden keinen Aufschub: "Wir hatten das 'plattform'-Festival; und gerade sind John Neumeiers Ballettschüler in der 'Werkstatt der Kreativität' zu Gast." Die Antwort, wie sie das schaffe, ist einfach: "Ich bin rund um die Uhr im Theater und mit ihm verheiratet." Außerdem setzten Anforderungen auch wieder Kräfte frei.

Ist der Spaß am Spielen wieder erwacht? "Ich habe nie ganz aufgehört. Zu Silvester 2009 bin ich bei der 'Geisterkomödie' für eine erkrankte Kollegin eingesprungen." Eine Privatbühne kann es sich nicht leisten, Vorstellungen ausfallen zu lassen. Mit den Jahren als Intendantin hat Vértes-Schütter reichlich Know-how sammeln können, kann jetzt die Aufgaben viel besser einschätzen und bewältigen als früher. "Ich bin an einem neuen Punkt und beobachte, wie sich mein eigentlicher Beruf mit der Intendanz verbinden lässt." Vértes-Schütter hat in der Probenarbeit mit Albert Lang erfahren, dass es für sie nicht gut war, das Spielen zu vernachlässigen. "Es gehört zu mir. Und es war auch beglückend zu erleben, dass ich mich während der Probenzeit auf mein Team im Haus verlassen kann."

Auch das Proben sieht sie als Partnerarbeit mit den Kollegen - darunter Theresa Rose und Kosta Ullmann, die "ihre Kinder" spielen. "Wir haben alle gleichwertige Rollen. Das entspricht meinem Verständnis von Ensemble-Theater. Jede Aufführung ist ein gemeinsames Produkt. Hier geht es darum, herauszufinden, was die Geschichte mit uns macht und sie so ehrlich zu erzählen wie möglich."

Es sei eine Herausforderung für sie, das Haus und auch für die Zuschauer ergänzt sie lächelnd. "Ich hoffe, unser Publikum ist dafür offen und lässt sich darauf ein. Da fühlt es sich gut für mich an, dass ich auch auf der Bühne dafür einstehe." Ein deutliches Bekenntnis der Künstlerin und Intendantin zum Ensemblespiel.

Das Stück beginnt mit dem Testament für ihre Kinder. In Briefen bittet sie die Zwillinge Jeanne und Simon, nach ihrem Vater und dem Bruder zu suchen. Die Reise führt auch in die Vergangenheit ihrer Mutter.

Die 47-jährige Schauspielerin zeigt als Nawal die drei Lebensphasen einer Frau im Alter von 20, 40 und 60 Jahren. "Ich verwandle mich nicht mit Perücken oder Verkleidungen, sondern stelle mich als Schauspielerin der Figur zur Verfügung." Klingt nach einer Erzählweise in der distanzierten Form von Brechts epischem Theater. "Es hat etwas davon", bestätigt sie. "Wir machen auch die Klänge und Geräusche selbst. Es gibt keinen Soundtrack, alles passiert erkennbar auf der Bühne." Das führte zu neuen Entdeckungen im Probenprozess: "Ich finde es aufregend und ungewöhnlich, in dieser Weise eine Figur und die Situationen bei den ständigen Sprüngen zwischen Vergangenheit und Gegenwart klar zu behaupten."

Verbrennungen 11.3., 19.30 Uhr, Ernst-Deutsch-Theater, Karten: T. 22 70 14 20. Internet: www.ernst-deutsch-theater.de