Oberlandesgericht muss im elfährigen Rechtsstreit entscheiden, ob die Hansestadt die “illegalen“ Überstunden der Feuerwehr bezahlt.

Hamburg. Es geht um 1,2 Millionen Überstunden und bis zu 20 Millionen Euro. Geld, das Hamburg im Fall der Fälle den Berufsfeuerwehrleuten als Ausgleich für zu viel geleistete Arbeit zahlen müsste. Der Rechtsstreit zieht sich schon elf Jahre hin, jetzt wird die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts erwartet - im Fall Feuerwehrleute gegen das Personalamt der Hansestadt.

Rückblick: 1999 war die Arbeitszeit der hauptberuflichen Lebensretter aus Spargründen um zwei auf 50 Wochenstunden aufgestockt worden, die Bezahlung blieb die gleiche. Sechs Jahre später kassierte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die zwei Stunden Mehrarbeit wieder ein. Begründung: Sie seien nicht rechtens gewesen. Der Senat folgte dem Urteil und kürzte die Wochenarbeitszeit wieder auf 48 Stunden. Entschädigungen für die zwei Stunden "illegale" Mehrarbeit hingegen lehnte das Personalamt ab.

Die Gewerkschaften riefen daraufhin eine Klagewelle aus. 680 Stunden hatte ein Feuerwehrmann mehr als rechtlich erlaubt gearbeitet, wenn er die gesamten sechs Jahre, von 1999 bis 2005, durchgehend im Dienst war. Arbeitsstunden, die mit 16,32 Euro vergütet werden müssten, wie ein Anwalt der Gewerkschaft Ver.di damals vorrechnete. Bei rund 1800 betroffenen Beamten macht das rund 19,97 Millionen Euro.

Während Ver.di und andere Gewerkschaften Sammelklagen einreichten, suchten weitere Beamte ihr Recht auf eigenem Weg. Wie viele Klagen bei Gericht eingingen, ist deshalb nicht ganz klar. Ver.di geht von einem Großteil der Beamten aus, in Gerichtskreisen ist hingegen von knapp 330 die Rede.

Erst zwei Jahre nach dem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs traf das hiesige Verwaltungsgericht erste Entscheidungen in knapp 25 Fällen - mal zugunsten des Klägers, mal gegen ihn. So wurde etwa die Sammelklage von Ver.di - die für die gesamten sechs Jahre Entschädigungen fordert - im September 2007 abgewiesen. Begründung: Dafür gebe es keine rechtliche Grundlage.

Ver.di und andere gingen daraufhin in Berufung. "Wir verstehen nicht, warum das so lange dauert", sagt Brandoberinspektor Jürgen Pohl, bei Ver.di Vorsitzender der Fachgruppe Feuerwehr. "Alles, was zu viel gearbeitet wurde, muss bezahlt werden." Allerdings habe sich die Enttäuschung in Grenzen gehalten: "Wir hatten nichts anderes erwartet", sagt Pohl. Jetzt geht es also in die zweite Instanz: Insgesamt sieben Fälle werden beim Sammeltermin am 26. März vor dem Oberverwaltungsgericht mündlich verhandelt. Andere Kläger hingegen, die etwa nicht den gesamten Zeitraum geltend machten, bekamen schon vor dem Verwaltungsgericht recht. Der Knackpunkt: Ihnen wurde zwar Entschädigung zugestanden, doch wie viel, ist in keinem einzigen Fall geklärt. Auch sie hoffen jetzt auf eine klare Entscheidung.

Auch für andere Städte und Länder wie Bremen, Sigmaringen oder das Saarland könnte das Urteil zu einem Grundsatzurteil werden. Auch sie hatten ihren Feuerwehrleuten "illegale" Mehrstunden aufgebrummt - bis zu sechs pro Woche - und mussten sie wieder zurücknehmen.

Das Hamburger Personalamt ist noch gelassen, der Termin vor dem Oberverwaltungsgericht sei weit weg: "Damit befassen wir uns noch gar nicht", sagt Leiter Volker Bonorden. "Wir warten ab. Ist eine Entscheidung gefallen, werden wir sehen, wie wir damit umgehen."

"Wir werden auch diesmal durch alle Instanzen gehen", droht hingegen Gewerkschaftsfunktionär Pohl für den Fall einer Niederlage die erneute Anrufung des Europäischen Gerichtshofs an. "Wir glauben an ihn und an ein Grundsatzurteil."