In Hamburg entstehen 40 zusätzliche Arbeitsplätze. Philips ist von einer Technologie überzeugt, die eine Branche revolutionieren kann.

Hamburg. Allein schon der Blick aus seinem Büro dürfte so manche Überstunde im Leben von Andreas Wente (54) rechtfertigen, auch wenn dieser Begriff im Wortschatz des Managers kaum vorkommen dürfte. Hinter den Panoramascheiben im 14. Stock liegt die Alster weiß verschneit im Sonnenlicht, die Spaziergänger darauf sind aus der Perspektive der zuweilen vorbeifliegenden Möwen noch gerade als schwarze Punkte auszumachen. Drinnen, am Schreibtisch im Hochhaus am Lübeckertordamm, gilt Wentes Aufmerksamkeit hingegen den weißen Flecken. Der Geschäftsführer von Philips Deutschland ist geradezu begeistert von dem Licht, das hier aus LED-Lampen auf die Tischplatte fällt. Sie verschwenden so wenig Energie in Wärme, dass man die Leuchtkörper problemlos berühren kann. Wente macht es vor und vermittelt glaubhaft den Eindruck, sich nicht die Finger zu verbrennen.



Die neue Technologie fasziniert nicht nur den Chef, sondern stärkt auch den Standort Hamburg. Am Sitz der Deutschland-Zentrale des niederländischen Konzerns sind bisher neben der Lichtsparte auch die Medizintechnik, Haushaltsgeräte und Unterhaltungselektronik mit insgesamt 2300 Mitarbeitern angesiedelt. 40 Stellen gewinnt die Hansestadt nun in den nächsten Monaten im Beleuchtungsbereich hinzu. Allerdings rührt der Zuwachs auch daher, dass der Bereich von einem Philips-Standort in Nordrhein-Westfalen in die Hansestadt verlegt wird. Schon im vergangenen Jahr war die Beleuchtungsabteilung in Hamburg um 70 Arbeitsplätze auf 250 Stellen gewachsen. Und das mitten in der Krise, die Philips Deutschland Umsatzrückgänge und Personalabbau in anderen Bereichen beschert hat.

Aber nun, davon ist Wente überzeugt, müsse der Konzern seine Kraft auf die LED-Technologie konzentrieren. Sie ist anders als die im vergangenen Jahr viel diskutierte Energiesparlampe eine Erfindung, die Philips als Weltmarktführer in Sachen Beleuchtung an den Rand einer Revolution führt. Bei LED handelt es sich um Leuchtdioden, ein elektronisches Halbleiter-Bauelement. Wente, der bereits seit knapp 30 Jahren bei dem Konzern tätig ist, braucht nur wenige Sätze, um die Bedeutung dieses Wandels vor dem Hintergrund einer 120-jährigen Industriegeschichte zu umreißen: 1891, als Philips in den Niederlanden seine Geburtsstunde feierte und fortan mit der Herstellung von Kohlefadenlampen sein Geld verdiente, bekamen die Menschen noch keine Strom- sondern eine Lichtrechnung. Mit den LED-Lampen würde eine Stromersparnis von 80 Prozent möglich. "Das ist signifikant für den CO2-Ausstoß und den zukünftigen Energiebedarf", sagt der studierte Elektrotechniker auch mit Blick darauf, dass die Menschheit in den vergangenen 100 Jahren bereits die Hälfte der fossilen Energien verbraucht hat und mit den Reserven haushalten muss, wenn nicht bald regenerative Energien als zuverlässige Alternative herhalten können. Zwar klingt dieser Vorzug der LED-Lampen verlockend. Zumal sie heute auch schon dimmbar sind und in verschiedenen Farben leuchten können, sodass die Frage, ob LED unsere Welt zukünftig in "kaltes" Licht tauchen wird, sich nicht mehr stellt.

Zugleich birgt die Leuchtdiode für Lichtspezialisten wie Philips oder Osram aber ein Problem: Die Kunden haben praktisch keinen Ersatzbedarf mehr. Rund 20 Jahre Lebensdauer bescheinigt Philips seinen Leuchtwundern, mit der Folge, dass 20 Jahre lang keine Hoffnung auf Nachkauf besteht. Eine ähnliche Situation wie in der Autobranche, die immer zuverlässigere Fahrzeuge baut. Philips ändert daher für die Zukunft seine Strategie, auch um im Wettbewerb mit asiatischen Konkurrenten wie Sharp, Toshiba oder Panasonic seine Marktführerschaft zu behaupten.

Der Konzern, der weltweit 116 000 Mitarbeiter beschäftigt und im vergangenen Jahr 23 Milliarden Euro erlöste, sieht sich nicht mehr als Hersteller von Lampen, sondern von Beleuchtungslösungen. Seit 2005 hat Philips mehr als vier Milliarden Euro allein für Firmenkäufe investiert, um "intelligente Beleuchtung" in allen Erdteilen anbieten zu können. "Die Kunden kaufen als Endverbraucher bei uns die ganze Schreibtischleuchte und nicht mehr nur die Glühbirne. Für Krankenhäuser haben wir Beleuchtungssysteme, die den natürlichen Tagesablauf imitieren und den Patienten das Einschlafen erleichtern. Und Firmen bieten wir Bürobeleuchtung an, die die Konzentration der Mitarbeiter fördert", sagt Wente.

Zwar sind die Leuchtmittel mit bis zu 60 Euro - für eine Sieben-Watt-Lampe, die eine herkömmliche 40-Watt-Glühbirne ersetzen würde - teuer. Aber Wente glaubt fest daran, dass sein Konzern bei den Kunden trotz der Kosten ein Umdenken erreichen kann. Der Vater von zwei Kindern ist der Technologie jedenfalls auch privat schon erlegen: Die supermodernen LED-Spots setzen bei ihm zu Hause in Eppendorf sogar den Kronleuchter ins rechte Licht.

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