Experten rechnen damit, dass sich in den kommenden Tagen noch weit mehr Geldanleger beim Hamburger Finanzamt melden.

Hamburg. Die Reumütigkeit Hamburger Steuersünder beschert der Stadtkasse unerwartetes Geld. Allein durch die 88 Selbstanzeigen bis Freitag rechnet die Finanzbehörde mit Zusatzeinnahmen von 20 Millionen Euro. Rund 63 Millionen Euro unversteuerte Kapitalerträge waren durch die späte Einsicht bekannt geworden.

Knapp 30 Prozent davon könne Hamburg für sich verbuchen, sagte ein Behördensprecher dem Abendblatt. Der Rest gehe an den Bund, der - wie berichtet - gemeinsam mit den Bundesländern für 2,5 Millionen Euro eine CD aus der Schweiz kaufen will. Darauf sind die gestohlenen Kunden-Daten von rund 1500 deutschen Anlegern vermerkt.

Auch die Geldgeschäfte mancher Hamburger dürften sich auf dem Datenträger wiederfinden. Experten wie der Steuerberater und Steuerrechts-Anwalt Frank Stendel (Kanzlei Buse-Diercks-Stendel) gehen nach Gesprächen mit Kollegen davon aus, dass sich in den nächsten Tagen in Hamburg noch viel mehr reumütige Steuersünder melden werden, die durch diesen Schritt einer Strafe entgehen wollen. "Allein die Diskussion um den geplanten Ankauf der CD hat enorm viel losgetreten", so Stendel.

Tatsächlich zeigt ein Vergleich mit 2008, wie nervös unwillige Steuerzahler in der Hansestadt offenbar geworden sind. Vor zwei Jahren hatten sich 82 Steuersünder angezeigt - allerdings während des gesamten Jahres! 52 davon taten es nach Einschätzung der Finanzbehörde, weil seinerzeit ebenfalls eine solche Daten-CD aus Liechtenstein gekauft worden war. 30 Hamburger waren auf dieser CD vermerkt - bei ihnen gab es dann entsprechende Hausdurchsuchungen.

2008 war der CD-Ankauf aber erst relativ spät bekannt geworden, viele Ermittlungsverfahren waren bereits auf dem Weg. Diesmal kam die Warnung früher: Wichtig für mögliche Steuerhinterzieher sei, dass man sich frühzeitig anzeige, sagt Thomas Volkmann, Geschäftsführer des Hamburger Steuerberaterverbandes. Denn straffrei bleibe nur, wer sich umfassend vor einem Ermittlungsverfahren bei den Finanzbehörden gemeldet habe. Volkmann: "Jeder seriöse Steuerberater wird aber immer in solchen Fällen dazu raten, sich selbst anzuzeigen."

Tatsächlich versteht der Fiskus wenig Gnade, wenn das Versteckspiel mit Schwarzgeld zu weit geht. Bis 100 000 Euro Steuerschuld pro Jahr drohen hohe Geldstrafen.

Ab 100 000 Euro kommen auch Bewährungsstrafen auf einen erwischten Steuersünder zu, sagt Steuerrechts-Experte Stendel. "Und ab 250 000 Euro muss man mit Gefängnisstrafen rechnen, wenn man sich nicht geständig zeigt." Wer mehr als eine Million Euro lieber den Schweizer Bankern als dem heimischen Finanzamt zufließen ließ, muss auf jeden Fall mit Gefängnis rechnen, sagt Stendel. Ähnliche Grenzen gebe es bei den Verjährungsfristen: Bis 100 000 Euro Steuerschuld verjährt das Delikt nach fünf Jahren, darüber erst nach zehn Jahren. Doch wahrscheinlicher ist, dass man als Steuersünder angesichts solcher staatlichen CD-Deals früher entdeckt wird. Stendel: "Dass die Schweiz kein sicherer Ort mehr für solches Geld ist, müsste nun auch dem Letzten klar sein."