7231 Alleinerziehende suchen in Hamburg nach einer Stelle - ein schweres Unterfangen. Viele sind schon seit Jahren arbeitslos.

Hamburg. Sie hat eigentlich alles richtig gemacht. Sie hat eine Ausbildung absolviert und bearbeitete 15 Jahre lang beim selben Arbeitgeber ein breit gefächertes Themengebiet. Zudem wirkt sie dynamisch und ist mit 34 Jahren noch jung genug für den Arbeitsmarkt. Dennoch ist Jana L. jetzt arbeitslos. Ihre Firma, eine Spedition, wurde in Hamburg größtenteils stillgelegt - nachdem die Finanzmarktkrise die Logistikbranche besonders hart getroffen hat. "Von mehr als 70 Mitarbeitern war ich unter den letzten zehn, die gehen mussten", sagt sie, während sie in ihrer Bewerbungsmappe blättert.

Seit Ende Dezember ist sie auf Jobsuche. Bewerbungen hat sie schon viele verschickt. Aber bislang bekam sie noch nicht einmal die Gelegenheit zu einem Vorstellungsgespräch. Denn Jana L. hat einen Sohn, der in die zweite Klasse geht. Um ihn zu schützen, will sie ihren vollen Namen auch nicht in der Zeitung lesen. Alleinerziehende Mutter - das schreckt offenbar viele Arbeitgeber ab, weil sie fürchten, dass Frauen oder Väter, die sich auch eingehend um ihre Kinder kümmern müssen, überfordert und nicht flexibel genug für einen Beruf sein könnten.



Diese Beurteilung ist Elke Timm zu pauschal. "Es gibt auch Arbeitgeber, die sich auf Arbeitslose mit Kindern eingerichtet haben", sagte die Beraterin der Hamburger Arbeitsagentur. "Uns sind Firmen bekannt, die sogar Kindergartenplätze angemietet haben, die ihre Mitarbeiter im Notfall nutzen können", sagt sie. "Wir brauchen aber noch mehr Arbeitgeber, die so handeln", erklärt Rolf Steil, Chef der Agentur in Hamburg. Insgesamt sind in der Stadt derzeit 7231 Alleinerziehende als Arbeit suchend gemeldet, im Dezember waren es 7148. Überwiegend handelt es sich um Frauen. Nur 646 der Alleinerziehenden sind laut der neuesten Hamburger Statistik männlich. 4488 haben keine Berufsausbildung, 1610 keinen Schulabschluss und nur 921 sind kürzer als ein Jahr arbeitslos.

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Beim Nachholen fehlender Kenntnisse kann die Agentur nützlich sein. Laut Steil können Arbeitslose sogar einen Schulabschluss machen und Fortbildungskurse belegen, wenn dies die Chancen für eine Vermittlung erhöht. "Wir erarbeiten gemeinsam mit den Kunden Perspektiven unter Einbeziehung ihrer gesamten Lebenssituation", sagt Steil.

Jana L. muss keine Abschlüsse nachholen. Als Speditionskauffrau hat die 34-Jährige unter anderem Themen wie Im- und Export oder vorbereitende Buchhaltung gemanagt, war für Großkunden der Spedition wie etwa den Kaffeeröster Tchibo zuständig, hat Versicherungsfragen betreut und auch Schadensfälle geregelt.

"Mir ist es bislang immer gelungen, Beruf und Mutterschaft unter einen Hut zu bekommen", sagt sie. Ihr Sohn besucht nach der Schule einen Hort, und wenn es zeitlich mal ganz eng wird, können auch ihre Eltern helfen. In zwei Jahren sind diese pensioniert. Dann kann die Speditionskauffrau sogar wieder voll arbeiten. Derzeit möchte sie an 30 Stunden pro Woche tätig sein, in einem Betrieb in Hamburg und Umgebung. Wenn das Unternehmen nahe genug an ihrer Schnelsener Wohnung im Halstenbeker Weg liegt, könnten es auch 36 Stunden sein.

"Es muss nicht zwingend eine Spedition sein. Ich suche eine Stelle im Büro", sagt die Frau, die auch deshalb bereitwillig mit dem Abendblatt gesprochen hat, weil sie keine Gelegenheit zum Finden eines Jobs auslassen möchte. Ihr größter Wunsch? "Endlich einmal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Dann habe ich die Chance, zu zeigen, was ich leisten kann."