Randalierer Niels K. gestern verurteilt - Die meisten können nicht ermittelt werden.

Hamburg. Vor Gerichtssaal 297 im Landgericht haben sich zwei Kamerateams und ein halbes Dutzend Journalisten in Position gebracht - als würde gleich einem Mörder der Prozess gemacht. Dabei klingt das, was die Staatsanwaltschaft Niels K. (46) vorwirft, vergleichsweise unspektakulär: versuchte gefährliche Körperverletzung.

Niels K. war nicht der Einzige, der Flaschen auf Polizisten warf, als am 5. Juli nach dem Fest mal wieder die Schanze brannte. Gegen 40 Randalierer hat die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung Verfahren eingeleitet. Sie hat Niels K. als Täter ermittelt und vor Gericht gebracht. Das gelingt nicht immer: Randalierer sind in dem Mob schwer zu identifizieren, die Beweise reichen für eine Anklage oft nicht aus - anders als im Fall von Niels K., der der anonymen Schanzen-Randale ein Gesicht gibt.

Nach einem kurzen Gerangel mit einem Fotografen betritt ein hagerer Mann mit strubbeligen Haaren, Nasenpiercing und Kapuzenpullover den Gerichtssaal. Er sei nicht in die Schanze gefahren, um Randale zu machen, sagt der Kindererzieher, der vor vier Jahren noch heroinabhängig war und mehrfach vorbestraft ist wegen Drogendelikten. Gegen Mitternacht habe er Freunde treffen wollen. Die Stimmung war aufgeheizt, wie immer nach einem Schanzenfest, sagt er. Polizisten hatten sich vor einem Croque-Laden an der Schanzenstraße versammelt. "Und die", sagt Niels K., "haben Passanten geschubst und gestoßen." Ein Unrecht, so empfand er es. Da habe er spontan eine Bierflasche auf die Beamten geschmissen. Sie verfehlte ihr Ziel. Eine zweite Flasche traf einen Polizisten an der Brust - er blieb nur unverletzt, weil er Schutzkleidung trug.

In ihrem Plädoyer nutzt Staatsanwältin Sabine Hantel-Maschke die Chance, die Randalierer heftig zu kritisieren und zu maßregeln. Niels K. wird für sie zum Symbol des Krawalls. Aus generalpräventiven Gründen plädiere sie für eine harte Strafe. Ein wenig zittert ihre Stimme, vielleicht weil sie sich in Rage geredet hat. Sie spricht von "Verrohung", davon, dass die Angriffe auf Polizisten immer massiver werden. Und dass Beamte doch Menschen seien, viele Straftäter genau das vergessen hätten. "An dem Plädoyer", kontert indes der Verteidiger von Niels K. spitz, "hätte Innensenator Ahlhaus seine helle Freude."

Wie von der Anklage gefordert, verurteilt das Gericht Niels K. zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung. Ohne Anlass habe er Polizisten angegriffen, sagt der Richter. Er könne von Glück reden, dass nichts Schlimmeres passiert sei.

Niels K. behauptet, er habe sich zu der Tat hinreißen lassen. "Ich bedauere es sehr", sagt er.