Historische Gebäude sollen weitgehend erhalten bleiben. Hamburg will mit Besetzern neues Konzept erarbeiten, das auch Wohnungen vorsieht.

Das Gängeviertel ist wieder ein echtes Stück Hamburg - und wird es auch bleiben. Ohne Abriss und Neubauten. Vielmehr kann dort eine "kleine Kunstinsel" entstehen, wie Oberbaudirektor Jörn Walter dem Abendblatt sagte. Denn gestern um 14.30 Uhr wurde aus der Besetzung der historischen Bauten ein Triumph: Die Geschäftsführer der niederländischen Hanzevast-Gruppe unterschrieben den Rückabwicklungs-Vertrag und kassierten dafür 2,8 Millionen Euro. Hamburg besitzt damit wieder sämtliche Rechte.

Dass der abendliche Auftritt von Kampnagel-Künstlern und des Thalia-Ensembles im Gängeviertel zu einer riesigen Party wurde, die bis weit nach Mitternacht ging, versteht sch fast von selbst. "Wir haben einen Moment gebraucht, um es zu begreifen; sind nun aber froh und glücklich, weitermachen zu können", sagt Christine Ebeling, die Sprecherin der Künstler.

Der Senat wird nun mit der Künstlerinitiative "Komm in die Gänge" über eine neue Nutzungsvereinbarung reden. "Die Gespräche beginnen noch vor Weihnachten", sagt Enno Isermann, Sprecher der Baubehörde.

Im Januar wird dann mit allen Beteiligten das weitere Verfahren zu künftigen Planungen für das Gängeviertel besprochen. Bis Ende März sollen die Eckpunkte für ein städtebauliches Konzept, die architektonische Umsetzung, beteiligte Akteure und mögliche Finanzierung geklärt sein.

Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) zeigte sich erleichtert: "Jetzt haben wir die Möglichkeit, ein neues Konzept für das Gängeviertel zu verwirklichen. Unter Berücksichtigung der Kriterien Stadtentwicklung, Denkmalschutz, Künstlernutzung und Wirtschaftlichkeit wollen wir eine tragfähige Lösung für das Gängeviertel finden."

Aufs Geld wird also auch bei der neuen Planung geachtet - Gewinnmaximierung ist aber nicht mehr das Ziel. "Unser Ziel ist es, das Gängeviertel zu einem lebendigen, kreativen innerstädtischen Quartier weiterzuentwickeln", formulierte Kultur-Senatorin Karin von Welck.

Um die Gebäudesubstanz im Gängeviertel zu sichern, wird die Finanzbehörde nun sofort veranlassen, dass die Häuser winterfest gemacht werden.

Was bedeutet die Einigung nun im Einzelnen? Hamburg wird mit den Künstlern das Projekt gemeinsam entwickeln. Für den ersten Nutzungsvertrag müssen die Künstler auch wieder mit der Sprinkenhof AG verhandeln, denn diese ist nach der Rückabwicklung wieder Teil-Eigentümer, zum Beispiel von zentralen Gebäuden wie der "Fabrik". Diese will die Initiative schnell wieder nutzen. Denn nur dort gibt es einen großen Veranstaltungsraum. "Wir werden das Konzept mit einer möglichst weitgehenden Erhaltung der Gebäude überarbeiten", sagte Oberbaudirektor Jörn Walter. Zweitens würden auch die Teile, die erneuert werden müssen, im Hinblick auf die Dichte überarbeitet werden. Walter: "Drittens: Wir werden das Konzept inhaltlich mit den Künstlern und deren Unterbringung, aber auch mit Wohnanteilen realisieren. Den eigentlichen Charakter des Gängeviertels, das ja immer stark durchgängig war, den werden wir erhalten."

Walter ist "sehr froh über die glückliche Entwicklung" und auch die Diskussion über die Stadtentwicklung.

"Es ist viel passiert. Insgesamt kann man jetzt am Ende der Diskussion sehr zufrieden sein, dass wir eine Basis gefunden haben, die ein neues Nachdenken über das Gängeviertel ermöglicht." Die Diskussion habe vor allem dazu beigetragen, neue Chancen in der Stadtentwicklung aufzuzeigen. Auch die Opposition begrüßt die Einigung. Der stadtentwicklungspolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Andy Grote, sagte: "Es ist gut, dass nun der lange gewünschte Schritt vollzogen ist." Grote forderte, der Senat müsse sich vor allem vom Plan der erneuten Veräußerung an einen dann dritten Investor verabschieden. "Der Senat darf denselben Fehler nicht zum dritten Mal machen", sagte Grote.