Die Erschließungskosten für Bebauung der Lettow-Vorbeck-Kaserne sind auf 55.000 Euro pro Wohnung explodiert.

Hamburg. Ein künstlicher Wasserlauf plätschert durch einen Park. Stadt- und Reihenhäuser haben Gärten in den Innenhöfen. Wohnstraßen ohne Sackgassen. Überall Bäume. Nur wenige Mehrfamilienhäuser. Diese ganz andere - für eine Großstadt schon schnuckelige - grüne Wohnwelt sollen einmal 2000 Menschen in 720 Wohnungen erleben; sie ist auf dem Gelände der Lettow-Vorbeck-Kaserne in Wandsbek geplant.

Und eigentlich könnte heute der Startschuss dafür fallen, denn die Bezirksversammlung Wandsbek hat die Verabschiedung des Bebauungsplans "Jenfeld 23" auf der Tagesordnung.

Doch das wird wohl nicht passieren. Denn Hamburgs größtes Wohnungsbauprojekt (nach der HafenCity) droht zu scheitern. Die Erschließungskosten sind explodiert. Auf ebenso sagenhafte wie unrealisierbare 55.000 Euro pro Wohnung. Das bestätigt der Bezirk Wandsbek. 55.000 Euro, die jeder, der dort bauen will, neben den Grundstücks- und Baukosten zahlen müsste. Oder Hamburg müsste zahlen und ein Minus im zweistelligen Millionenbereich verbuchen.

Zum Vergleich: Das bisher teuerste Wohnbauprojekt lag in Allermöhe: Kosten knapp über 17.000 Euro. Doch eine (kostengünstige) Großsiedlung wie in Allermöhe soll in Jenfeld eben nicht entstehen. Wie ein schickes Dorf soll die neue Siedlung die gehobene Mittelschicht anziehen und das Image von Jenfeld verbessern. Hamburg hat das rund 35 Hektar große Gelände schon vor Jahren gekauft.

Die Suche nach dem Schuldigen ist schwierig, denn keiner will es gewesen sein. Aus den Amtsstuben des CDU-dominierten Bezirks Wandsbek heißt es, die Baubehörde hätte schlichtweg vergessen, die Kosten des Parks wie üblich auf die Wohneinheiten umzulegen. Die Baubehörde will offiziell eigentlich gar nichts sagen. Ihr Sprecher Enno Isermann betont nur, das Projekt weiter verwirklichen zu wollen. "Es ist nicht an die Wand gefahren; wir sind im Gespräch mit dem Bezirk."

Das war nicht immer der Fall, denn Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) hat in der vergangenen Woche mit dem härtesten Werkzeug gedroht, das der Senat im Streit mit einem Bezirk anwenden kann: Sollte die Bezirksversammlung den Bebauungsplan und damit die 55.000 Euro beschließen, evoziert die Baubehörde und zieht damit das Projekt an sich.

Wandsbeks Bezirksamtsleiterin Cornelia Schroeder-Piller (CDU) äußert sich diplomatisch: "Ich gehe davon aus, dass die Bezirksversammlung den Bebauungsplan nicht beschließen wird und wir in weiteren Gesprächen zu einer Einigung kommen werden." Auch CDU-Bezirksfraktionschef Eckehard Graage setzt auf "weitere Gespräche". Für ihn stellt das Millionenprojekt ein "wichtiges Gegengewicht zu den sozial benachteiligten Gebieten in Jenfeld und Hohenhorst" dar.

Ganz anders beurteilt der Wandsbeker Bürgerschaftsabgeordnete Jan Balcke (SPD) die Lage. Er sieht das Projekt in Gefahr, weil "Senat und Bezirk nicht rechnen können" und befürchtet, dass bei einer neuen Planung eine höhere Bebauungsdichte (wie in Allermöhe) erfolgt. Balcke fordert, dass der Senat seine Rechnung offenlegt.

Werden die neuen Gespräche einen anderen Plan zur Folge haben? "Nein", sagt Cornelia Schroeder-Piller, "die Grundzüge bleiben erhalten."