Curling, nur ohne Eis: Für diesen neuen Sport aus Skandinavien begeistern sich viele Senioren.

Es sind diese spannungsgeladenen Minuten vor einem entscheidenden Wettkampf. Die Sportler sind still, konzentriert. Bis der Startschuss fällt. In diesem Fall verbal: "Ich wünsche einen guten Rutsch", sagt Lutz Richter, Leiter der Seniorenresidenz Alsterpark.

Dort, genau genommen im Restaurant, wurde nämlich am Freitagnachmittag das bundesweit erste Städte-Turnier im Teppich-Curling ausgetragen. Hansestadt gegen Hauptstadt. TCC Alsterpark gegen die Mannschaft der Seniorenwohnanlage Stiftung Hospitäler zum Heiligen Geist und St. Georg aus dem Berliner Wedding. "Entscheidend ist, dass man seine Kraft dosiert einsetzt", sagt der Hamburger Senior Rudolf Ahrens (86) über die junge Sportart aus Skandinavien. "Sonst schießt man nämlich leicht übers Ziel hinaus."

Mit den bis zu 4,2 Kilogramm schweren Curls, die möglichst geschmeidig über den eigens ausgerollten 14 Meter langen grünen Teppich gleiten sollen. Rudolf Ahrens bleibt nicht bei der Theorie, er führt seine Technik in der Praxis vor: Leicht in die Hocke gehen, wie beim Kegeln Schwung holen und dann hoffen. Darauf, dass ein großer Wurf gelungen ist, der den Kern des aufgezeichneten Kreises trifft. "Volltreffer!", jubelt Trainerin Sabine Lehmann (46) am Spielfeldrand. "Fünf Punkte."

Insgesamt sechs Mannschaften mit jeweils drei Spielern traten gegeneinander an, die Teams waren ähnlich stark. "Dass die Hamburger einen Heimvorteil haben, merkt man nicht", berlinern Anna Lubs (81) und Ingrid Rother (83) mit einem Lächeln.

"Na ja, wir sind auch halbe Profis", sagt Ulrich Lau (65).

Tatsächlich waren die Berliner Senioren bundesweit die Ersten, die das Teppich-Curling, das dem Eisstockschießen ähnelt, vor mehr als zwei Jahren für sich entdeckten. "Man konnte richtig mit ansehen, wie sich durch diesen Sport Beweglichkeit und Koordination der älteren Menschen verbessert haben", sagt Pfarrerin Heike Krafscheck (46), Trainerin der Berliner Senioren.

"Das Spiel hat mir gleich gefallen, als wir es im März zum ersten Mal ausprobiert haben", sagt die ehemalige Krankenschwester Ilse Winkler (82). Seitdem übt sie mit ihren Hamburger Mannschaftskollegen freitags mindestens eine Stunde lang "Kamikaze-Würfe" und neue Techniken. Auf der eigenen Anlage.

Denn der Geschäftsbereich Wohnen im Alter der Vereinigten Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft (vhw) hat für die Residenzen in Neugraben, Wedel und im Alsterpark jeweils eine etwa 5000 Euro teure Teppich-Curling-Anlage angeschafft. "Nach dem ersten Training hatte ich richtig Muskelkater", sagt Heinke Braband (72). Den Schwung habe sie aber gleich rausgehabt. "Ich habe früher viel Tennis gespielt, das hilft."

Ganz geholfen hat es den Hamburgern am Ende nicht: Den Siegerpokal überreichte Berndt Röder (CDU), Präsident der Bürgerschaft, den jubelnden Berlinern. "Wir sehen das sportlich, nicht verbissen", sagt Senta Klein (88), die wie ihre Hamburger Mitspieler ohnehin das gelbe (Vereins-)Trikot trug. "Dieses Turnier hat viel Spaß gemacht, wir haben tolle nette Leute kennengelernt."