Die Kundin Marion Müller holte sich professionelle Unterstützung beim Modebummel in der Stadt. Das Abendblatt begleitete sie.

Hamburg. Shoppen sei eigentlich nicht ihr Ding, sagt Marion Müller. Sie sei beim Einkaufen eher der kontrollierte Typ. Niemand, der spontan viel Geld in Pumps, Mäntel oder Stiefel investiert. Und auch im heimischen Ellerau, wo sich in ihrem Kleiderschrank Schwarz an Schwarz reiht, mag sie es gern ordentlich. "Shoppen macht mich auch nicht glücklicher als ein Besuch im Gartencenter", sagt sie.

Solche Ansichten sind für Lisa Schubert kaum nachvollziehbar. Das Herz der 25-Jährigen, die sich nach ihrem Kostüm-Designstudium als Stylistin selbstständig gemacht hat, schlägt für Mode. Lisa Schubert steht in der Passage Hamburger Hof, zusammen mit fünf Mode-Studentinnen der Fachhochschule Hamburg, und wartet am Sonnabend auf Kunden, die sich kostenlos in Sachen Styling und Shopping beraten oder gar bei ihrer Einkaufstour durch Boutiquen und Geschäfte begleiten lassen wollen.

Ob Styleberatung oder Schaufenstertheater, ob Kulturspektakel im Hanse-Viertel, Feuerwerk oder Laternenumzug - rund um die Shopping Days hatte der Veranstalter, das City Management, ein buntes, teils spektakuläres Programm gestrickt. Es sind mehr als 1,2 Millionen Menschen, die am Sonnabend und Sonntag durch die City flanieren. Auch für Lisa Schubert und Marion Müller heißt es auf dem Weg zur ersten Style-Station, dem Brillengeschäft Belle vue an der Bleichenbrücke, streckenweise: Nichts geht mehr. Die Wege sind verstopft.

Doch Marion Müller will es nun wissen. In den vergangenen Jahren, erzählt die 50 Jahre alte Grafikerin, habe sie modisch kaum noch etwas Neues ausprobiert. Zu viel Routine, zu wenige Experimente. Beispiel Brille: Bislang habe sie nur auf Sehhilfen mit runden Gläsern vertraut. "Eckige", sagt sie, "lassen mich so grimmig aussehen." Erst zögert Marion Müller noch, als die 25-Jährige eine Brille mit leicht eckigen Gläsern aus der Auslage fischt. Dann probiert sie sie doch, und es kommt ein erstes "Oha, das sieht ja ganz schick aus" aus ihrem Mund. Das Rennen macht am Ende eine Brille mit granarotem Gestell. Feminin, klassisch, elegant, ein bisschen eckig auch. Lisa Schubert lächelt zufrieden - Mission geglückt.

Für Karin Stehr, Mitarbeiterin im Belle vue, sind die Shopping Days ein Volltreffer. "Die Frequenz war deutlich höher als sonst", sagt sie. Weniger euphorisch äußern sich Geschäftsleute indes zum Freitag. Nach 20 Uhr, heißt es häufig, sei die City wie leer gefegt gewesen. Doch am Sonnabendmittag ist es proppenvoll - trotz Nieselregen, trotz Kälte. Lisa Schubert und Marion Müller hasten zur zweiten Style-Station, zum Schuhhaus Görtz. Nur wenige Meter davon entfernt wird gerade das Schneidrad des Tunnelbohrers Vera geborgen. Auch die anmutigen "Haute Couture Stelzer", der absolute Blickfang der Shopping Days, sind dorthin gestakst - die Stelzen-Künstler wirken vor dem gigantischem Stahlboliden nur noch filigraner.

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Bei Görtz bläst Lisa Schubert zur großen Pumps-Jagd. Auf keinen Fall "großmütterlich" sollen die Schuhe aussehen, ruhig ein bisschen sexy, aber auch nicht zu auffällig. Immerhin scheinen Schuberts Vorschläge ins Schwarze zu treffen. Keine zwei Minuten nach Betreten des Ladens haben die Frauen gemeinsam einen Favoriten gekürt: graue Pumps von Boss mit trendiger Ziernaht, das Paar zu 249 Euro. Eigentlich zu teuer für Marion Müller. "Bei diesen hier werde ich aber schwach", sagt sie. Doch dann kramt Lisa Schubert das ultimative Modell aus dem Regal: schwarze Pumps mit schickem Schleifchen. "Die passen aber nur zu einem Rock."

Dabei hasse sie Röcke, sagt Marion Müller. "Aber ich habe wohl keine andere Wahl, richtig?" "Richtig", sagt Lisa Schubert. Der Rock ist grau meliert, eher schlicht, oben etwas enger und unten leicht ausgestellt. "Passt perfekt zur Figur", meint Lisa Schubert und lobt sich ein klein bisschen selbst. Bei Peek & Cloppenburg hat sie ihn gefunden, genauso wie einen taillierten lila Samtblazer, der wie angegossen sitzt. Die 50-Jährige schaut in den Spiegel - ein zufriedener Blick. Sie wolle jetzt wieder offener mit Mode umgehen, mehr wagen. Und Brillen mit eckigen Gläsern tragen. Vielleicht.