Es geht um Mobbing und Zweckentfremdung von Geld. Eklat bei Mitgliederversammlung: Kassenprüfer treten zurück.

Hamburg. Keine Entlastung des Vorstands, spontaner Rücktritt der Kassenprüfer und massive Vorwürfe gegen den Vorsitzenden. Um 0.30 Uhr wurde die Mitgliederversammlung der Lebenshilfe Schenefeld nach fünf Stunden am Montagabend abgebrochen - ohne dass ein neuer Vorstand gewählt wurde.

Damit setzt sich die schwere Krise im Verein fort. Das Hamburger Abendblatt hatte über einen Betreuungsskandal um eine vom Verein organisierte Spanien-Reise mit Behinderten und über die persönlichen und geschäftlichen Verquickungen des Vorstandsvorsitzenden Heinz Piel mit dem Verein berichtet.

Seither geht ein tiefer Riss durch dessen Mitgliedschaft. Das wurde bei der Sitzung deutlich, da sich zwei Lager herausbildeten: die einen, die einen kompletten Neuanfang wünschen, und die anderen, die alles beim Alten lassen wollen und Piel stützen.

Piel hat den 1979 gegründeten Verein, der etwa 460 Behinderte in Tagesstätten und Wohngruppen betreut und 340 Mitarbeiter beschäftigt, erfolgreich aufgebaut. "Heinz Piel hat unbestreitbar große Verdienste um die Lebenshilfe Schenefeld, aber irgendwann ist der Punkt gekommen, wo er die Bodenhaftung verloren hat", sagten Mitglieder bei der Sitzung.

So müssen sich Piel und die Geschäftsführerin der Lebenshilfe Schenefeld, Christa Lewon, seit gestern auch konkreten Vorwürfen stellen, die anonym an die Bundesvereinigung der Lebenshilfe geleitet wurden. Darin geht es unter anderem um Mobbing, Doppelabrechnung von Wohnplätzen, falsche Personalaufstellung und Zweckentfremdung von Geld. "Das Schreiben enthält strafrechtlich relevante Vorwürfe gegen die Lebenshilfe Schenefeld. Wir haben den Verein zur Stellungnahme bis Donnerstag aufgefordert und drängen auf eine vorbehaltlose und schnelle Aufklärung", sagte Ulrich Bauch, Geschäftsführer der Lebenshilfe-Bundesvereinigung, dem Abendblatt. Die Bundesvereinigung ist seit Wochen um Transparenz in dem Verein bemüht, "denn die Querelen haben zu einem Ansehens- und Vertrauensverlust der gesamten Lebenshilfe-Familie geführt", so Bauch. Er möchte einen personellen Neuanfang und wollte an der Mitgliederversammlung teilnehmen - das wurde vom Vorstand in Schenefeld kategorisch abgelehnt.

Aufklärung verlangten bei der Versammlung auch die Mitglieder - über die Verwendung von rund sieben Millionen Euro Jahresumsatz. "Das kann ich nicht, denn seit zehn Jahren habe ich vom Vorstand nur die Anweisung, die täglichen Ausgaben der Wohngruppen zu prüfen", sagte der ehemalige Kassenprüfer Rolf Jankowski gestern dem Abendblatt. So konnten die Kassenprüfer des Vereins nur Rechenschaft über die Barausgaben der elf Behinderten-Wohngruppen geben - etwa 150 000 Euro. Bisher habe keiner die ganzen Vereinsausgaben geprüft, so Jankowski. "Ich bin kein Buchhalter. Das müssen nun andere machen", sagte er. Denn er und sein Kollege seien noch am Abend von ihrem Amt zurückgetreten. Daraufhin wurde der Vorstand von den Mitgliedern nicht entlastet.

"So geht es nicht weiter, wir brauchen Ruhe im Verein und einen Vorstand, der in der Lage ist, die Geschäfte kompetent und transparent zu führen - im Sinne der Betreuten", sagte Vereinsmitglied Walter Schönau dem Abendblatt. Gemeinsam mit sechs weiteren Mitgliedern möchte der Bankkaufmann einen kompletten Neuanfang als Vorstand wagen.

Heinz Piel scheint diese Konstellation jedoch nicht zu gefallen. Er hat eine Gegenmannschaft mit alten Vorstandsmitgliedern organisiert. Piel selbst will nicht mehr antreten. Er und Geschäftsführerin Christa Lewon lehnten eine Stellungnahme gegenüber dem Abendblatt ab.