Vor fast acht Jahren hat die SPD die Macht im Hamburger Rathaus verloren. Seit dem Sonntag ist ihr Nimbus als Hamburg-Partei endgültig dahin: Die CDU liegt erstmals in 60 Jahren bei einer Bundestagswahl vor der SPD.

Zu Schadenfreude besteht auf Unions-Seite dennoch kein Anlass. Mit deutlich unter 30 Prozent Zustimmung müssen beide - SPD und CDU - den Anspruch einer Volkspartei erst wieder erwerben.

Dass SPD-Landeschef Ingo Egloff jetzt zurücktritt, ist nur konsequent. Falsch ist jedoch, ihm allein die Verantwortung für das Wahldebakel anzulasten. Die Hamburger SPD ist Opfer des Bundestrends, gegen den sie, anders als früher, absolut nichts mehr entgegensetzen konnte. Die Partei hat auch die Quittung dafür erhalten, dass sie sich in zermürbenden Grabenkämpfen aufgerieben hat, bei denen Außenstehende häufig nicht mehr wussten, worum es eigentlich ging. Die Hamburger SPD ist personell ausgezehrt, und deswegen ist ein Neuanfang an der Parteispitze nötig.

Mit Noch-Bundesarbeitsminister Olaf Scholz betritt zwar ein alter Bekannter die Hamburger Bühne. Aber Scholz hat sich als Krisenmanager durchaus einen Namen gemacht. Dass er eigene Karriereziele verfolgt und die Bürgerschaftswahl 2012 als Spitzenkandidat fest im Blick hat, ist legitim. Es wäre jedoch ein neuerlicher Fehler der Partei, sich schon jetzt auf einen Herausforderer des Bürgermeisters festzulegen. Die SPD hat ihren inhaltlichen Kompass verloren. Die traditionelle Reformpartei muss sich zum Beispiel in der Frage der Schulreform endlich festlegen. Und sie muss ihr Verhältnis zur Linken, die auch in Hamburg erstarkt ist und sich dauerhaft etablieren wird, dringend klären. Aus Sicht der Sozialdemokraten wäre es fahrlässig, die Machtperspektive einer "linken" Mehrheit von vornherein auszuschließen.