Die Pläne der Deutschen Post, sich bis Ende 2011 vom eigenen Filialvertriebsnetz zu verabschieden, stoßen an vielen Stellen auf Kritik.

Hamburg. Sabine Gräfe (56) kommt aus der Zweigstelle der Post am Siemersplatz. Sie ist wütend, dass dieser Standort geschlossen werden soll. "Es geht doch nicht, dass Post-Filialen dicht gemacht werden, nur um zu sparen", sagt sie. "Wir Verbraucher sind auf die Annahmestellen angewiesen." Die Verlagerung des Dienstes in Einzelhandelsgeschäfte gehe auf Kosten des Kunden. "Ausgebildete Arbeitskräfte wie hier hinter dem Schalter kann mir doch eine Bäckerei nicht bieten."

Die Pläne der Deutschen Post, sich bis Ende 2011 vom eigenen Filialvertriebsnetz zu verabschieden, stoßen an vielen Stellen auf Kritik. "Der Sparkurs ist widerlich", sagt auch Werner Wiesner (63). Er kommt aus dem Edeka-Markt an der Elbgaustraße, in den bereits ein Postschalter integriert wurde. "Es ist mehr als traurig, dass so viele Filialen aufgegeben werden." Marcus Hill, (43), stellvertretender Filialleiter des Edeka-Marktes, erklärt hingegen: "Für die Kunden ändert sich nichts, da die Filiale, die hier im Center war, zu uns in den Laden verlegt wurde."

Drei Mitarbeiter seien in einem Crashkursus von der Post für die Position ausgebildet worden. "Und der Service wird gut angenommen." Die Post hatte in der vergangenen Woche bekannt gegeben, bundesweit alle 475 eigenen Postfilialen zu schließen. Die Dienste sollen künftig von sogenannten Partnern wie Einzelhändlern übernommen werden. In Hamburg sind die Filialen am Hauptbahnhof, Hühnerposten, in der Kaltenkirchener Straße, der Elbgaustraße, am Siemersplatz, in der Harburger Poststraße sowie am Rehrstieg in Neugraben betroffen.

Bundesweit gibt es derzeit noch 14 000 Standorte, an denen Postdienste angeboten werden. 850 Filialen davon sind Postbank-Finanzcenter, die sowohl Finanzprodukte als auch Brief- und Paketdienste anbieten. Allerdings werden diese Filialen von der Deutschen Postbank betrieben. Die Postbank wurde wiederum inklusive Filialnetz zum Teil an die Deutsche Bank verkauft - und befindet sich damit künftig nicht mehr in der Hand der Deutschen Post. Die übrigen mehr als 13 000 Standorte werden bereits von "fremden" Partnern geführt. In Hamburg bietet die Post ihre Dienste in mehr als 121 Filialen an, 38 davon sind Finanzcenter der Postbank. 76 Standorte gehören Fremdpartnern.

Der Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD) sorgt sich angesichts der Pläne vor allem um die Folgen für ältere und behinderte Menschen: "Diese Maßnahme bedeutet besonders für sie eine Verschlechterung, wenn diese mühsam Wege zu einer vermeintlichen Postfiliale unternehmen und die gewünschte Leistung nicht erhalten", so Inge Jefimov, Landesvorsitzende des SoVD Hamburg. Martin Grundler, Sprecher der Post, versucht zu beruhigen: "Es braucht sich kein Kunde Sorgen zu machen, weil wir nach Partnern im Umfeld der bisherigen Filiale suchen. Somit werden die Wege zwar anders, aber nicht unbedingt weiter."

Auch die Gewerkschaft Ver.di kritisierte die Pläne der Post. "Angesichts der Tatsache, dass der Briefbereich trotz der Weltwirtschaftskrise keine roten Zahlen schreibt, sondern Millionengewinne erwirtschaftet, ist das Verhalten nicht verständlich", so der Landesfachbereichsleiter für Postdienste, Wolfgang Abel. "Hier wird auf Kosten von Bürgern und Beschäftigten gehandelt. Und es geht nur darum, die Gewinnziele zu erreichen."

Auch am Hauptbahnhof verstehen Kunden die Sparpläne nicht. Ute Rauser (49), die gerade die Filiale verlässt, ist überzeugt: "Die Entwicklung zur Reduzierung der Postannahmestellen ist gegen den Kundenservice."