Fahrschüler aus Hamburg sind die Ungeschicktesten in ganz Deutschland. Das besagt die Statistik des Kraftfahrtbundesamtes aus Flensburg.

Hamburg. Fast jeder zweite Hamburger Fahrschüler fällt durch die praktische Führerscheinprüfung - das sind mehr als in jedem anderen Bundesland. Im vergangenen Jahr scheiterten in Hamburg 41 Prozent aller Prüflinge bei der praktischen Prüfung, bundesweit dagegen nur 25,7 Prozent.



"Das liegt am unbarmherzigen Stadtverkehr", sagt Hero Wilters, Geschäftsführer vom TÜV Hanse. "Die Verkehrssituation in Hamburg ist schwierig, die Gefahrenpunkte liegen sehr dicht beieinander", bestätigt auch Gerhard von Bressensdorf, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrer. In großen Städten fielen Prüflinge generell häufiger durch als auf dem Land. Hamburg habe deshalb als Stadtstaat einen statistischen Nachteil. In Bayern würde etwa das schlechte Abschneiden der Münchner durch die niedrige Durchfallquote auf dem Land ausgeglichen.


Dass in Hamburg bei der praktischen Prüfung noch mehr Führerscheinanwärter durchfallen als im vergleichbaren Bundesland Berlin liege wohl an der Art der Prüfung, sagt Sabine Darjus, Vorsitzende des Fahrlehrerverbands Hamburg: "Die technische Prüfstelle in Hamburg stellt sehr hohe Anforderungen an die Führerscheinanwärter." Peter Blocksdorf, seit 1975 Fahrprüfer beim TÜV Hanse, sieht das anders: "Wir arbeiten einfach nur nach der Richtlinie."


Hero Wilters, Geschäftsführer der TÜV Hanse, erklärt den Unterschied zu Berlin mit dem Hamburger Speckgürtel: "Fährt man in Hamburg aus der Stadt 'raus, ist man gleich wieder in einer kleineren Stadt." In einigen Bezirken, etwa in Altona, sei es kaum möglich, während der Prüfung den Ortsbereich zu verlassen, sagt auch Sabine Darjus: "In Hamburg ist die Prüfung deshalb doppelt so hart." Man müsse aber auch die positive Seite sehen: "In Hamburg ist es schwer, den Führerschein zu machen, aber danach ist man gut gerüstet".


Die Unfallstatistik des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden kann dies leider nur teilweise bestätigen: Von 100 000 jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 24 Jahren verunglückten im Jahr 2007 in Hamburg 1045 Menschen. Das sind zwar weniger als im Bundesdurchschnitt (1279), aber mehr als in Berlin (825).


Ayla Eckhardt (18) aus Harburg fühlt sich für den Hamburger Straßenverkehr trotzdem gut gerüstet. Sowohl die theoretische als auch die praktische Prüfung hat sie im ersten Anlauf bestanden. "Bei der praktischen Prüfung war ich sehr aufgeregt und auf den letzten Metern war es auch noch mal kritisch", sagt sie. "Aber insgesamt war das schon okay." Warum die Hamburger statistisch gesehen so schlecht abschneiden, kann sie nicht nachvollziehen.


Rätsel für die Fahrlehrerverbände sind die Durchfallquoten bei der theoretischen Führerscheinprüfung. In Sachsen-Anhalt scheitern 44,4 Prozent der Fahrschüler am Ankreuzen der richtigen Antworten. In Niedersachsen sind es nur 25,5 Prozent. Und Hamburg liegt mit einer Durchfallquote von 32,5 Prozent bei der theoretischen Führerscheinprüfung fast genau im Bundesdurchschnitt. "Die Fragen sind ja völlig identisch", wundert sich von Bressensdorf. "Und beim Unterricht konnten wir keine Unterschiede zwischen den Bundesländern feststellen." Interessant sei, dass bestimmte Fragen in Norddeutschland von fast allen Prüflingen richtig und in Süddeutschland von fast allen falsch beantwortet würden. So habe etwa die Frage "Was müssen Sie tun, wenn Sie Ihr Fahrzeug veräußern wollen?" in Bayern für Missverständnisse gesorgt. "In Süddeutschland assoziieren viele das Verb veräußern fälschlicherweise mit der Veränderung des Äußeren, also dem Ändern der Farbe", so von Bressensdorf. Mittlerweile wurde diese Frage umformuliert. Und eine wissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben. Sie soll endlich Klarheit bringen.