Die Chancen sinken, die Verunglückte aus Glücksburg lebend aus der Ostsee zu bergen. Sie hat als Skipperin eine Frauencrew geführt.

Hamburg. Von frühester Kindheit an hat Sabine Jüttner-Storp (54) ihre Zeit auf dem Wasser verbracht. Zu Beginn noch im Optimisten, später auf großen Yachten. Jetzt wurde diese Leidenschaft der sympathischen blonden Frau vermutlich zum Verhängnis. Am Montagnachmittag um 15 Uhr ist Sabine Jüttner-Storp bei der Hochseeregatta Baltic Sprint Cup über Bord ihres Schiffes gegangen. Trotz einer groß angelegten Suchaktion konnte die Skipperin der einzigen Frauencrew im Feld nicht gefunden werden. Und die Chancen, die gebürtige Lübeckerin noch lebend zu bergen, sinken stündlich.

Das Unglück geschah während der zweiten Etappe des Baltic Sprint Cups von Rønne auf Bornholm (Dänemark) ins schwedische Västervik, als Sabine Jüttner-Storp in den Mast hinaufgeklettert war. Sie sollte das Vorsegel entwirren, das sich um das Vorstag des Schiffes gewickelt hatte. Nach Abendblatt-Informationen rutschte die Gymnasiallehrerin dabei aus dem Bootsmannsstuhl, der Vorrichtung in der sie nach oben gezogen wurde, und hing nun einzig in ihrem Rettungsgurt. Doch der schnürte ihr bereits nach kürzester Zeit die Luft ab. Die erfahrene Seglerin wurde ohnmächtig und fiel ins Wasser. Sie trug keine Schwimmweste, die sie vor dem Ertrinken hätte schützen können. Zwei Mitseglerinnen sprangen noch unter Einsatz ihres eigenen Lebens hinterher und versuchten die 54-Jährige über Wasser zu halten - ohne Erfolg. Sie mussten mit ansehen, wie ihre Skipperin im Meer versank.


Nach Angaben der Veranstalter beteiligten sich bis in den späten Montagabend rund 15 an der Wettfahrt teilnehmende Yachten, zwei Seenotrettungskreuzer und ein Hubschrauber an der Suche im Seegebiet zwischen Bornholm und dem schwedischen Festland. Auch gestern wurde die Suche erneut aufgenommen, gegen Mittag allerdings erfolglos abgebrochen. Die zweite Etappe des Rennens, das am vergangenen Sonnabend in Rostock-Warnemünde gestartet wurde und über Dänemark, Schweden, Lettland und Polen nach Lübeck-Travemünde führt, war nach Bekanntwerden des Unglücksfalls abgebrochen worden. Am Freitag soll das Fünf-Etappen-Rennen mit dem dritten Abschnitt nach Lettland allerdings fortgesetzt werden. Das geschieht auch auf Wunsch des Mannes von Sabine Jüttner-Storp, sagt der Hamburger Henning Rocholl vom Veranstalter Sail & Race.


"Wir stehen sprachlos vor diesem Unglück", sagte Hans-Christian Bentzin, der Vorsitzende des in Hamburg ansässigen Deutschen Hochseesportverbandes Hansa (DHH). "Unsere Gedanken sind bei ihrer Familie." Die zwölf Meter lange "DHH Cross-Match" vom Bootstyp X-40 gehört der Regatta-Gruppe des Verbandes an und ist in Besitz von Sabine Jüttner-Storp und ihrem Mann. Auch der Hamburger Unternehmer Eberhard Wienholt, der mit Geldern aus seiner Eberhard-Wienholt-Stiftung die Frauencrew um Sabine Jüttner-Storp unterstützt hat, ist fassungslos. "Mir fehlen die Worte", sagte er dem Abendblatt. "So ein tragisches Ereignis habe ich, seit ich im Segelsport aktiv bin, noch nicht erlebt."


Er begleitet die Projekte der begeisterten Seglerin seit Jahren. Schon 2008 nahm Sabine Jüttner-Storp mit einer Frauencrew am Baltic Sprint Cup teil. Das bisher anspruchsvollste Segelprojekt der Glücksburger Seglerin war allerdings 2007 die Überquerung des Atlantiks im Rahmen des HSH Nordbank Blue Race. Damals segelte sie die "KPMG" mit einem 14-köpfigen Frauen-team als Wachführerin von Newport (USA) nach Hamburg (das Abendblatt berichtete von Bord). Die größten Unterstützer waren bei all diesen Projekten ihr Mann und ihre Tochter. "Ohne sie hätte ich diesen großen Traum nie verwirklichen können", sagte die Seglerin im Frühjahr 2007 dem Abendblatt. Ein Segeltraum, der am Montag zum Albtraum wurde.