Nun soll Hamburgs Wattenmeer doch zum Unesco-Weltnaturerbe nachgemeldet werden. Gespräche mit Wirtschaftsbehörde laufen.

Neuwerk. Es sollte eigentlich nur der erste Besuch von Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) auf Neuwerk werden. Sie wollte die Insel kennenlernen, sich über das Biosphärenreservat, die Naturschutzarbeit und den Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort informieren. Doch zwischen Reiseplanung und Reiseantritt hat das Unesco-Welterbekomitee den Niedersächsischen und Schleswig-Holsteinischen Teil des Wattenmeeres zum Weltnaturerbe erklärt. Und so wurde die Frage nach Hamburgs Nachmeldung zu einem zentralen Thema des Kurztrips in Hamburgs Stadtteil vor Cuxhaven. Ebenso die Gründe für den Rückzug aus der ursprünglich gemeinsamen Bewerbung und die Chancen, die Anja Hajduk sieht, die Nachmeldung trotz des ursprünglichen Widerstands der CDU durchzusetzen.

Schon bei der Überfahrt mit dem Wattwagen von Cuxhaven-Sahlenburg nach Neuwerk wird die Skurrilität der derzeitigen Situation deutlich. Fina und Willy - die Kutschpferde von Inselwart Volker Griebel - arbeiten sich Schritt für Schritt die elf Kilometer durchs Watt. Muscheln knirschen unter den Wagenrädern, das Wasser aus den Prielen spritzt zur Seite, hoch oben schreien Möwen. Kilometerweit ist an diesem heißen und sonnigen Tag nichts anderes zu sehen als Watt und zahlreiche Touristen.

Und mitten drin - kurz vor der zweiten Bake - spricht Klaus Janke, Leiter des Nationalparks Hamburgisches Wattenmeer und einer der Begleiter der Senatorin an diesem Tag, plötzlich von Grenzen. "Hier verlassen wir leider das Unesco-Weltnaturerbe. Aber herzlich willkommen im Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer", sagt er leicht süffisant und auch ein bisschen wehmütig. Hatte er doch selbst an den Bewerbungsunterlagen mitgearbeitet, bevor Hamburg sich zurückzog. Zu groß war die Sorge der CDU, dass der Weltnaturerbe-Status Auswirkungen auf das Planfeststellungsverfahren zur Elbvertiefung haben würde. Anja Hajduk beugt sich zu Janke rüber und raunt kaum hörbar: "Das korrigieren wir."

Offiziell sagt sie später beim Mittagessen auf der Dachterrasse des Insellokals "Zum Anker": "Wir haben in der Hamburger Regierung vereinbart, Gespräche aufzunehmen, weil wir gerne auch den Hamburgischen Teil des Wattenmeeres nachmelden wollen." Den ersten Termin zwischen ihr und Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) hat es schon gegeben. Weitere sollen auf Arbeitsebene stattfinden. Geht es nach Anja Hajduk, soll Hamburg schon im kommenden Februar seinen Teil des Wattenmeeres nachmelden. "Das hängt aber vom Lauf der Gespräche und dem nicht einfachen Verfahren ab", sagt Hajduk, bevor sie sich ihrem gemischten Salat mit Heringshappen widmet. Damit umgeht sie die Beantwortung der entscheidenden Fragen: Warum dieses Hickhack und wieso konnten sich die Grünen bei diesem Thema nicht schon früher in der Koalition durchsetzen? Für die Umweltsenatorin ist das Thema dann auch abgehakt. "Ich bin heute hier, um die Insel kennenzulernen, indem ich zuhöre und die Natur erlebe. Gesagt, getan. Gemeinsam mit Peter Körber, Mitarbeiter der Nationalparkverwaltung, startet sie den kilometerlangen Fußweg über die Insel - durchquert Salzwiesen, lernt die rot blühende "dornige Hauerhechel" kennen, sieht sich den Platz an, an dem mithilfe des Konjunkturprogramms die Ostbake wieder aufgebaut werden soll, die Orkan Kyrill zum Opfer gefallen war, und macht einen Abstecher auf den "Friedhof der Namenlosen", auf dem diejenigen ihre letzte Ruhe finden, die tot angespült wurden. Natürlich fehlt auch die Besteigung des Neuwerker Leucht- und Wehrturmes nicht - Hamburgs ältestem Gebäude. 2010 wird er 700 Jahre alt. Neben einem Fest ist auch eine Sondermarke der Post geplant. Nach den ersten acht Stunden auf der Insel fällt Hajduks Fazit so aus: "Ich hatte mir Neuwerk viel kleiner vorgestellt. Das Wattenmeer ist mir hier noch einmal sehr, sehr nahegekommen und ich bin sicher, dass ich wiederkomme." Dann will sie sich die Zeit für eine "ordentliche Wattwanderung" mitbringen - vielleicht ja bis dahin schon durch das Unesco-Weltnaturerbe Hamburgisches Wattenmeer.