Die City Nord ist unterbewertet. Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter steht neuen Konzepten für die Bürostadt “sehr positiv“ gegenüber.

Die City Nord, die grüne Bürostadt in der Stadt, ist unterbewertet und braucht eine städtebauliche Auffrischung in der Mitte - das ist die Meinung einiger Eigentümer der großen Bürokomplexe. 300 Unternehmen haben ihren Standort am Rande des Stadtparks. Jetzt werden neue Konzepte gefordert, die neben arbeiten auch wohnen, studieren und einkaufen möglich machen.

Vor genau 50 Jahren wurde das Quartier aus dem Boden gestampft. Ein Retortenviertel, das Hamburgs City von Wolkenkratzern frei hielt - und das heute immer noch von sich reden macht: als Konkurrent zur HafenCity und der "Boomtown" in der Neustadt. So verlässt Esso die City Nord Richtung Neustadt, und der neue Eigentümer des Esso-Gebäudes verhandelt zurzeit mit einem großen Einzelmieter.

"Das Ursprungskonzept ist gut. Die City Nord wird sich als Bürostandort behaupten", sagt Marcus Schwarz von der TAS Immobilien- und Beteiligungsgesellschaft, die neuer Eigentümer des Esso-Gebäudes ist. Die Auffassung über die Bürostadt ändere sich, denn auch die Lage zwischen Flughafen und der Innenstadt gewinne zunehmend an Attraktivität. Schwarz: "Der Standort ist unterbewertet." Für das alte Esso-Gebäude gebe es zwei Konzepte: Erstens eine Dreiteilung. "Zweitens sind wir mit einem Einzelmieter im Gespräch", sagt Schwarz.

Auch für die Firma Tchibo, die seit 30 Jahren in der City Nord sitzt, sei die "Bürostadt nach wie vor sehr attraktiv". Tchibo-Sprecher Arnd Liedtke: "Die insgesamt drei miteinander verbundenen Bürokomplexe mit einer Nettogrundrissfläche von mehr als 55 000 Quadratmetern ermöglichen unseren Mitarbeitern eine reibungslose Zusammenarbeit." Bis September feiert die City Nord ihr Jubiläum mit Ausstellungen und Festen. Höhepunkt sind Festivals, Tage der offenen Tür und Fachtagungen. Zum Jubiläum ist auch ein Buch erschienen, das unter dem Titel "Europas Modellstadt der Moderne" die Entstehungsgeschichte erzählt und auch viele Einblicke in das Innere der Architektur gewährt (Verlag Dölling und Galitz, 39,90 Euro).

Was macht die City Nord gerade jetzt für neue Mieter interessant? "Es sind Unternehmen, die eher an der Bürofläche sparen als bei der Arbeitnehmerschaft", sagt Schwarz.

Einige finden offensichtlich Geschmack an der Bürostadt. "Die Skepsis ist nach dem Umzug schnell verflogen", sagt Merlin Krone von Pirelli Real Estate, "auch wenn es für viele Mitarbeiter anfangs nicht so gut aussah, von der Großen Elbstraße wegzuziehen." Jetzt im Sommer sei es "einfach fantastisch". Pirelli ist "aus Platzgründen" mit mehr als 100 Mitarbeitern in das Gebäude der Hamburg-Mannheimer gezogen. Klagen der Mitarbeiter gebe es nicht, auch keine Parkplatzprobleme. Klagen gibt es dagegen über das sogenannte "Zentrum" der City Nord und den großen Leerstand bei den dortigen Einzelhandelsgeschäften. "Das muss sich ändern", sagt Marcus Schwarz. Viele fordern seit Langem ein Konzept dafür. Ein großer Supermarkt fehle ebenso wie gute Parkmöglichkeiten.

Doch auch weitergehende Veränderungen sind im Gespräch. Ursprünglich entstand die City Nord nach einem Konzept, das Wohnen und Arbeiten trennt. Heute werden Forderungen nach Wohnungen und Hotels laut. "In der City Nord muss auch abends etwas los sein", sagt Merlin Krone. "Wir brauchen einen gesunden Mix. Da hat die City Nord noch viel Potenzial."

Oberbaudirektor Jörn Walter sieht solche Vorschläge "sehr positiv". Er könne sich Wohnungen in den kleineren Gebäuden vorstellen. "Auch der Einzelhandel kann sich verbessern. Hier ist in den vergangenen zehn Jahren wenig passiert", sagt er.