Jetzt befasst sich die Ärztliche Schlichtungsstelle mit dem Fall.

Der Entlassungsbericht von Wolfgang Schmidt aus dem UKE ist vom 4. Mai. "Herr Schmidt hat sich selbst entlassen, somit konnten wir keine weiteren Behandlungsvorschläge besprechen", bekam Ursula Schmidt mitgeteilt. "Falls gewünscht, vereinbaren wir gerne einen Termin bei den Therapeuten." Zu diesem Zeitpunkt war Wolfgang Schmidt schon 14 Tage tot. Gestorben am 22. April im UKE in den Armen seiner Frau und seines Sohnes Daniel.

Das Schreiben an den Toten ist der traurige Höhepunkt einer Leidensgeschichte, die Ursula Schmidt jetzt "rausbrüllen will, weil es so unerträglich ist, was mit meinem Mann im UKE passiert ist". Daniel Schmidt sagt: "Wir haben auch hervorragende Ärzte im UKE erlebt. Ich will nur, dass sich die chaotischen Zustände ändern." Deshalb hat die Familie Schmidt genau wie das UKE die Ärztliche Schlichtungsstelle angerufen.

Am 16. Februar war dem an Lungenkrebs erkrankten Wolfgang Schmidt im UKE der rechte Lungenflügel entfernt worden. "Auf der Intensivstation 1 F lief alles hervorragend", sagt seine Frau. Drei Wochen später erneute Einlieferung ins UKE mit Verdacht auf Schlaganfall. Eine Internistin sagte: "Der Neurologe kommt sofort." Der Arzt kam nach fünf Stunden und sagte, das sehe nach einem Schlaganfall aus. Die Computertomografie ergab eine Metastase unter der Schädeldecke. Ursula Schmidt versuchte mit vier Ärzten am Tresen der Notaufnahme wegen einer stationären Aufnahme ins Gespräch zu kommen: "Die Antwort war, ich solle warten. Sie hätten schließlich 40 Patienten zu übergeben."

Die Operation am 27. März verlief gut. "Ich habe dem Stationsarzt gesagt, dass sie meinem Mann als Schmerzmittel bloß kein Novalgin geben sollten, weil er eine hochgradige Allergie gegen Pyrazolone hätte, die zu Herzstillstand führen könne. Er sagte, Novalgin bestehe aus Metamezol. Dass der Oberbegriff dafür Pyrazolon ist, wusste er nicht." Ob ihr Mann im UKE doch Novalgin bekommen hat, konnte Ursula Schmidt bis heute nicht in Erfahrung bringen. Aber sie erzählt von einer Ärztin, die dieses andeutete und erst auf den Einwand, dass ihr Mann allergisch sei, nachfragte, ob sich das "in Hautausschlägen" äußere. Nein, in Herzstillstand, hat Ursula Schmidt geantwortet. Das UKE sagt: "Die Angabe, der Patient habe eine Allergie, ist in der Akte vermerkt." Er habe "zu keiner Zeit eine allergische Reaktion" gezeigt.

"Ein Riesenproblem ist die Organisation", sagt Daniel Schmidt. "Zettel verschwinden, Unterlagen liegen nicht vor, vielleicht funktioniert auch das Computersystem nicht." Einmal habe ein Arzt gesagt: "Ich kannte die Vorgeschichte ihres Vaters nicht." Die müsse in den Unterlagen sein, hat er geantwortet. Und der Arzt: "Ja, dann holen Sie die doch mal." Schmidt: "Dann bin ich in die Onkologie und habe sie geholt."

Nach der Operation besuchten Mutter und Sohn ihren Vater. "Er hatte wegen des Blasenkatheters schreckliche Schmerzen. Wir haben die Ärztin bekniet, den Katheter, der anscheinend nicht richtig lag, zu entfernen. Wir sagten, wir kümmern uns, das wurde schroff abgelehnt. Das Bett war durchnässt vom Waschen. Er war nass, nicht zugedeckt und festgebunden, weil das Personal genervt war, dass er sich vor Schmerzen aufgebäumt hat. In der Nacht hat sich mein Mann den Katheter selbst rausgezogen", sagt Ursula Schmidt. Das UKE sagt: "Der Katheter lag nicht falsch."

Am nächsten Tag fanden sie ihren Vater "im OP-Hemdchen, barfuß, mit Bettlaken an den Stuhl gefesselt, in sich zusammengesackt mit nacktem Rücken und nackten Beinen" vor. "Das Personal war völlig überfordert, deswegen haben sie meinen Vater fünfpunktfixiert, und zwar ohne uns zu informieren. Wir haben ihn sofort losgebunden", sagt Daniel Schmidt. Laut UKE wurde der Patient "mit Information der Angehörigen fixiert".

Am 31. März verließ Ursula Schmidt abends ihren Mann, der sehr unruhig war: "Der Bettnachbar hat erzählt, dass mein Vater versucht hat, sich aus dem Fenster zu stürzen. Man hat mit drei Leuten versucht, ihn ans Bett zu binden. Als das nicht klappte, haben sie ihn in ein Einzelzimmer eingeschlossen. Am nächsten Morgen ist er geflohen. In OP-Hemdchen und Bademantel, barfuß ins Taxi. Zu Hause entdeckte ihn eine Nachbarin vor der Tür. Als wir um 14 Uhr im UKE anriefen und fragten, ob sie jemand vermissen, hieß es: 'Nein, wieso?'" Laut UKE sei es "für die Mitarbeiter wichtiger gewesen, Herrn Schmidt zu suchen als die Angehörigen zu informieren".

Am 17. April kam Wolfgang Schmidt wieder ins UKE, drei Tage später Atemstillstand. Er wurde ins künstliche Koma gesetzt, dann versagten die Organe. Am Abend des 22. April ist Wolfgang Schmidt gestorben. Tags zuvor hatte Ursula Schmidt morgens angerufen und wollte ihren Mann besuchen. "Ich habe gesagt, dass er im Sterben liegt. Die Ärztin hat geantwortet: Besuchszeit ist um 15 Uhr."

Der Fachanwalt für Medizinrecht, Michael Oltmanns, sieht Wolfgang Schmidt als "ein Opfer des Organisationschaos im UKE, dessen Behandlung unter der fehlenden Koordination zwischen den Abteilungen und den behandelnden Ärzten litt. Bei der Medikation wusste eine Hand nicht, was die andere getan hat,"