Die Zahl der linksextremistischen Straftaten ist gesunken. Islamisten weiter im Fokus des Nachrichtendienstes.

Sie hatten ihr Opfer gefunden. Ein Journalist, der über die Krawalle am 1. Mai 2008 berichten wollte, war gestürzt. Daraufhin malträtierten ihn mehrere sogenannte Autonome Nationalisten mit Fußtritten. Nur ein 33 Jahre alter Mann wurde festgenommen und verurteilt. Dies ist ein Fall, der beispielhaft für die Zunahme der rechtsextremistischen Gewalt im vergangenen Jahr steht. Er ist im Verfassungsschutzbericht dokumentiert, den Heino Vahldieck, Leiter des Landesamtes, gestern vorgestellt hat.

Rechtsextremismus

Die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten ist 2008 um 23 auf 45 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Allein bei den Auseinandersetzungen am 1. Mai zählte die Polizei 15 derartiger Taten. Die Zahl aller bekannt gewordener rechten Straftaten stieg von 332 auf 369. Darunter sind Beleidigungen, Bedrohungen und das Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole. Zwar erkläre der Neonazi-Aufmarsch im vergangenen Jahr einen Teil der Steigerung. "Ich hoffe dennoch, dass es sich lediglich um einen statistischen Ausreißer nach oben handelt", erklärte Vahldieck. Die Zahl der erfassten Rechtsextremisten in Hamburg blieb im vergangenen Jahr mit 540 auf dem Vorjahresniveau.

Linksextremismus

Der Verfassungsschutz verzeichnete einen leichten Rückgang bei den linksextremistischen Straftaten - von 98 auf 92. Die Zahl der Gewalttaten stieg leicht von 49 auf 51. Schwerpunkte waren dabei die Auseinandersetzungen mit Rechtsextremisten am 1. Mai sowie Anschläge im Rahmen des Klimacamps. So stürmten im Sommer mehrere Autonome das Bezirksamt Nord, zerstörten Scheiben und schmierten Farbe an die Wände. Im November zündeten mutmaßliche Linksextremisten einen Lieferwagen des Stromversorgers Vattenfall in Hamm an. Dieser explodierte, weil er Gasflaschen geladen hatte. Mehrere Scheiben eines Hauses gingen zu Bruch. Die Zahl der Linksextremisten sank im Vergleich zu 2007 von 1500 auf 1120. Grund: Der Verfassungsschutz beobachtet nicht mehr alle Mitglieder der Partei Die Linke, sondern nur deren "revolutionär-marxistischen" Teile.

Islamismus

Die wichtigste Aufgabe der Verfassungsschützer ist laut Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) nach wie vor der Kampf gegen den islamistischen Terror. "Von ihm geht unvermindert die größte Gefahr für die Demokratie aus." Im Verfassungsschutzbericht heißt es, dass die angespannte Bedrohungslage für die Bundeswehr in Afghanistan deutlich gemacht habe, dass Deutschland im Blickfeld islamistischer Gewalttäter steht. Zwar wurden in Hamburg politisch motivierte Straftaten von Islamisten im vergangenen Jahr nicht festgestellt. Die Relevanz politisch motivierter Kriminalität von Islamisten mache sich allerdings nicht an den Fallzahlen fest, sondern an der möglichen Schwere eines gelungenen Anschlages. Die Zahl der Islamisten sank von 2030 auf 2005. Allein 1600 davon gehören der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs in der Centrum-Moschee in St. Georg an. Diese setzen sich für einen islamistischen Staat ein. 200 Personen werden als gewaltbereit eingeschätzt. 2007 waren es 210. Rund 50 seien Dschihadisten (2007: 60). Sie befürworten oder finanzieren den sogenannten Heiligen Krieg.

Die Beobachtung dieser Gruppen sei schwieriger geworden. Vahldieck: "Durch Ausweisungen und Abschiebungen ist die Szene stärker gewarnt, und man hält sich mit öffentlichen extremistischen Äußerungen zurück."