Als die ersten Bomben fielen

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Josef Nyary

Teil 2 - Deutschlands zweitgrößte Stadt geriet achteinhalb Monate nach Kriegsbeginn ins Visier der gegnerischen Bomberpiloten - die ersten Bomben fielen auf Hamburg. Anfangs kaum mehr als schmerzhafte Nadelstiche und noch eine Sensation für viele Menschen. Doch bald war klar, dass die Spreng- und Brandbomben aus den Bombenschächten britischer Lancaster-Maschinen auch die Zivilbevölkerung zum Ziel haben würden. Drei Jahre später planten britische Militärs die großen Vernichtungsangriffe.

Hamburg. Am 18. Mai 1940 um 0.28 Uhr dringen rund 30 Kampfflugzeuge der Royal Air Force (RAF) aus Richtung Nordsee in Hamburgs Luftraum ein. Sie klinken über Altona, St. Pauli, dem Hafen und Harburg 400 Brand- und 80 Sprengbomben aus. Häuser und Schuppen gehen in Flammen auf. 34 Menschen sterben, 72 werden verletzt. Mit diesem ersten Angriff, so Hans Brunswig in seinem Standardwerk "Feuersturm über Hamburg", "gelang es der RAF zum ersten Mal, den Lebens- und Arbeitsablauf einer für die deutsche Kriegswirtschaft wichtigen deutschen Großstadt spürbar zu beeinträchtigen". Es war nur das Vorspiel. Als Hitler am 1. September 1939 den Krieg gegen Polen verkündet, rechnet an Alster und Elbe niemand mit Luftangriffen. Die Kriegserklärung Englands und Frankreichs zwei Tage später aber macht die Etappen- zur Frontstadt. Schon am 4. September um 17.35 Uhr beendet Fliegeralarm eine Luftschutzbesprechung beim Oberbranddirektor. Bis Frühjahr 1940 werfen die Briten über Hamburg nur Flugblätter ab. Nach dem Angriff vom 18. Mai werden Sirenen, Flakfeuer und Luftschutzkeller Alltag. Eine Sprengbombe trifft am 19. Mai das Maschinenhaus der Werft von Blohm & Voss. Am 20. Mai durchsieben Bombensplitter fünf mit Walöl gefüllte Tanks in Harburg. 3000 Tonnen laufen in die Umwallung aus, werden aber zurückgepumpt. Am 18. Juni beschädigt eine Bombe die Brücke über die Süderelbe, am 20. Juni fällt nach Treffern im E-Werk Neuhof in der Nippoldstraße der Strom aus - immer bringen Reparaturtrupps die Dinge schnell wieder zum Laufen. Einen Vorgeschmack auf den Terror gegen die Zivilbevölkerung gibt es am 3. Juli: Ohne Vorwarnung stößt ein britisches Kampfflugzeug aus den Wolken und wirft an der Ecke Steilshooper Straße/Elligersweg vier Sprengbomben zwischen spielende Kinder. Zwei Männer, vier Frauen und elf Kinder sterben. Im Juli verfehlen Bomben die Schnelldampfer "Europa" und "Bremen" nur um wenige Meter. Ein Volltreffer setzt einen Schmieröltank der Rhenania-Ossag im Petroleumhafen in Brand. Am Steindamm schlägt eine 50-Kilo-Bombe durch drei Stockwerke und explodiert im Keller neben einem Kinderwagen - das Baby bleibt wie durch ein Wunder unverletzt und soll, so Brunswig, seinem Ärger über die plötzliche Störung "mit lautem Gebrüll Luft gemacht haben". Bis Ende 1940 fliegen die Engländer 70 Luftangriffe gegen die Stadt. Die Einwohner sitzen 233 Stunden im Luftschutzraum. 1417 Spreng- und 4248 Brandbomben töten 125 Menschen und verletzen 567. Der Sachschaden wird auf 16 Millionen Reichsmark geschätzt.

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