Eine Glosse von Elisabeth Jessen

Es lebt sich nicht leicht als Teil einer Minderheit. Ringsum flattern schwarz-rot-goldene Fahnen, alle reden nur über Fußball, und man selbst ist ratlos. Was soll man mit seiner Zeit anfangen, wenn man sich partout nicht für die EM interessiert? Freunde treffen? Ist schwierig. Läuft ja immer gerade ein Spiel, das sie unbedingt sehen müssen.

Um nicht völlig zu vereinsamen, habe ich gestern beim Spiel Deutschland - Holland Freunde eingeladen - privates Public Viewing sozusagen. Hat in den vergangenen Jahren gut geklappt. Sie saßen vor dem Fernseher, ich verkrümelte mich in die Hängematte im Garten und genoss den Sommer und die Ruhe. In der Halbzeitpause und nach dem Abpfiff wurde geplaudert. Aber in diesem Sommer? Kein Hängemattenwetter!

Soll man sich ins Bett verziehen, weil das Sofa von den Freunden belegt ist? Wäre ungastlich. Ich weiß jetzt, wie es geht: Man vertieft sich in ein Buch, sitzt still daneben und fällt als Spaßbremse nicht weiter auf. Die anderen sind ja beschäftigt.