Ein Kommentar von Kai Schiller

Wahrscheinlich, nein, ganz sicher wäre es vermessen, nach dem ersten kompletten EM-Spieltag bereits von einem Favoritensterben zu philosophieren. Ein interessantes Phänomen ist es aber trotzdem, dass außer der deutschen Mannschaft kein anderer Mitfavorit auf den Titel sein Auftaktspiel gewinnen konnte. Die Niederlande und Portugal verloren, Spanien, Frankreich und Italien spielten lediglich unentschieden. Das zeigt zum einen die enge Leistungsdichte bei diesem Turnier, zum anderen muss man als Konsequenz dieser überraschenden Ergebnisse den mühsamen Auftaktsieg der Deutschen gegen Portugal doch noch mal höher als gedacht und gewollt einordnen.

Ein zweiter Sieg gegen die Niederlande am heutigen Abend wäre für die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw im Hinblick auf den weiteren Turnierverlauf gleich aus dreierlei Gründen wichtig. Erstens wäre Deutschland mit dann sechs Punkten aus zwei Spielen nahezu sicher für das Viertelfinale qualifiziert. Zweitens könnte man Mitfavorit Niederlande frühzeitig nach Hause schicken. Und drittens hätte man im Gegensatz zu allen anderen Konkurrenten die Möglichkeit, beim letzten Gruppenspiel gegen Dänemark rotieren zu lassen und so dem einen oder anderen Spieler eine Pause zu gönnen - ein Vorteil, der den Weg ins Finale nicht unbedingt schwieriger machen würde.

Noch müssen derartige Planspiele aber sehr vorsichtig formuliert werden. Nur Schweinsteiger, Özil, Gomez und Co. können heute Abend im Nachbarschaftsduell dafür sorgen, dass aus dem Konjunktiv ein Indikativ wird.