Ganztagsunterricht: Die Wahlfreiheit kommt ins Gesetz

Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) hat eine pragmatische und richtige Entscheidung getroffen: Statt die anschwellende Debatte über den angeblichen Zwang zur Ganztagsbetreuung laufen zu lassen, ist die allein regierende SPD nun bereit, die Wahlfreiheit für Eltern zwischen Halbtags- und Ganztagsunterricht im Schulgesetz zu verankern.

In der Sache ändert sich nicht viel: Zwar werden schon von 2013 an fast alle Grundschulen ein Ganztagsangebot haben - bei drei Vierteln der Standorte allerdings auf freiwilliger Basis. Somit ist ohnehin gewährleistet, dass Eltern ihre Kinder in zumutbarer Entfernung vom Wohnort auch halbtags zur Schule schicken können.

Mit der Klarstellung im Schulgesetz wird jedoch etwaigen künftigen Versuchen, Ganztagsunterricht zum Pflichtprogramm für alle zu machen, erst einmal ein Riegel vorgeschoben. Die aktuelle, bedauerlicherweise ideologisch leicht überhöhte Diskussion darf nicht den Blick dafür verstellen, dass der Ganztagsschulausbau in Hamburg im Prinzip eine Erfolgsgeschichte ist. Es sind die Schulen selbst - Eltern, Lehrer und Schulleitungen -, die sich für die Einbeziehung des Nachmittags entscheiden. Diese Reform wächst von unten, sie orientiert sich am Bedarf und den Interessen vor Ort.

Wenn es eine zentrale Lehre aus dem Scheitern der Primarschule 2010 gibt, dann die: Eltern lassen sich nun einmal nicht gern "von oben", von Senat und Bürgerschaft, vorschreiben, welche Schulen, welches Schulsystem ihre Kinder zu besuchen haben. Es entspricht den sehr unterschiedlichen Lebensverhältnissen der Menschen in einer Großstadt, dass ein Teil der Eltern Wert darauf legt, dass ihre Kinder nachmittags nicht in der Schule sind.

Die Hauptarbeit bei diesem Thema hat Schulsenator Rabe aber noch vor sich: Der massive, von den Schulen gewünschte Ganztagsausbau muss personell vernünftig ausgestattet werden. Viel spricht derzeit dafür, dass das hohe Tempo bei der Umwandlung in Ganztagsschulen die finanziellen Ressourcen übersteigt. Hier kann der Senat mit einer zeitlichen Streckung Enttäuschung vorbauen: Eltern mögen auch keine falschen Versprechungen.