Der Abendblatt-Glücksbote lebt am Sonntag wieder auf. Der Hamburger Schauspieler Janis Zaurins verteilt zwei Wochen lang Geld in der Stadt

Hamburg. Der Mann ist die große Bühne gewohnt. Wenn Janis Zaurins, 40, abends in Polizei-Uniform das Publikum im Imperial-Theater auf St. Pauli begeistert, dann hat er die Lacher stets auf seiner Seite. Und vor allem erweist sich der groß gewachsene Hamburger als konsequenter Hüter des Gesetzes. Mit Hauptwachmeister Werner Glanz vom Polizeirevier Davidwache ist nun wirklich nicht zu Spaßen.

Das könnte sich in den nächsten zwei Wochen ändern. Denn dann ist Janis Zaurins wieder auf der Bühne unterwegs. Die wechselt allerdings täglich, und außerdem wird die blaue Polizei-Uniform ausgetauscht - gegen einen bunten Anzug. Und aus dem Hüter des Gesetzes wird, schwups, ein fröhlicher Glücksbote, mit dem die Hamburger jede Menge Spaß haben werden. Aus Zaurins wird Lombard. Genauer: Herr Lombard!

Der Hamburger Schauspieler schlüpft in den nächsten 14 Tagen in das Abendblatt-Kostüm mit Strohhut und wird an den verschiedensten Plätzen in der Stadt auftauchen, um den Menschen eine Menge Geld zu schenken. Wenn sie ihn denn erkennen. Und wenn sie ihm dann - aber nur, wenn Herr Lombard seinen Hut auf dem Kopf hat! - als Erste das richtige Lösungswort zurufen. Dieses wechselt täglich, genau wie der Ort in Hamburg - und beides finden Sie morgens im Abendblatt und auch auf abendblatt.de (siehe unten).

Abends, im Imperial-Theater, geht's dann wieder um Bruno Kamp, den skrupellosen Gangster, der nach vier Jahren Haft aus dem Zuchthaus entlassen wird und Rache schwört. Der Kiez gerät in Aufruhr, und Hauptwachmeister Glanz und sein Kollege Repp haben alle Hände voll zu tun, um der Sache Herr zu werden. Denn eines steht fest: Auf St. Pauli kommt ein Mord selten allein. "Wir spielen das Stück mit großem Erfolg. Es ist eine Hommage an die berühmteste Polizeiwache der Welt und auch eine Verbeugung vor Jürgen Roland, dem bekanntesten Krimi-Regisseur Deutschlands", sagt Janis Zaurins, der auf der Bühne einen wunderbaren Hamburger Beamten mit viel Herz und trockenem Humor gibt.

Jürgen Roland führte übrigens in dem fast gleichnamigen Film aus dem Jahr 1964 Regie. Janis Zaurins sollte erst acht Jahre später geboren werden. Er kam im Hamburger Marienkrankenhaus zur Welt, wuchs dann in Trittau und Geesthacht auf, machte seinen Realschulabschluss und besuchte anschließend in Bergedorf die Höhere Handelsschule.

Irgendwann entdeckte Janis seine Leidenschaft fürs Theater. Dafür, in fremde Rollen zu schlüpfen und sich auf der Bühne einem Publikum zu präsentieren. "Ich habe Jugendtheater im Thalia Treffpunkt gespielt und Weihnachtsmärchen im St.-Pauli-Theater. Ich war die Pflanze im ,Kleinen Horrorladen' und der Erzähler in der ,Rocky Horror Show' - ich kann nur nicht singen", sagt Janis.

Dafür kann er reden. Sprechen. Sabbeln. Schnacken. Das hilft. Besonders dann, wenn man das Studio-Publikum bei TV-Sendungen von Johannes B. Kerner oder Kochsendungen von Markus Lanz vorher in Stimmung bringen soll. Beim "Warm-up" hatte Janis immer die Lacher auf seiner Seite und während der laufenden Sendung dann die Aufgabe, dass die Zuschauer auch an den richtigen Stellen Beifall klatschen. "Du stirbst", sagt er, "wenn du nach einem bestimmten Satz mit dem Klatschen anfängst - und dann macht keiner mit. Das ist das Schlimmste." Aber auch daran gewöhnt man sich.

Und Janis ist ja auf vielen Bühnen unterwegs. Wenn man genau hinschaut, erkennt man ihn in so manchem Werbespot. Und er hat sich auch schon für eine PR-Aktion als Vogel verkleidet und ist über die Reeperbahn gelaufen. "Das wurde einmal ganz schön brenzlig, als eine Gruppe angetrunkener Engländer auf mich zukam und mich grölend umringt hat. Zum Glück haben sie mich nicht gerupft", sagt er und schmunzelt immer noch, wenn er an die Situation auf dem Kiez denkt.

Janis Zaurins hat einen ganz großen Vorteil: Er mag die Menschen. Und er hat keine Berührungsängste. Wunderbare Voraussetzungen sind das, um in den kommenden zwei Wochen in der gesamten Stadt täglich zweimal 100 Euro zu verteilen - und am Wochenende zweimal 250 Euro. Janis freut sich auf das, was da kommen wird. "Ich bin vor allem sehr gespannt auf die verschiedenen Menschen in den unterschiedlichen Stadteilen", sagt er.

Das sieht er für sich auch als kleinen persönlichen Gewinn der Glücks-Aktion. "Ich komme vielleicht in Ecken Hamburgs, an denen ich vorher noch niemals gewesen bin." Janis ist privat meistens mit der U-Bahn oder dem Fahrrad unterwegs. "Ich habe gar keinen Führerschein."

Wenn er wollte, dann würde ihn aber so schnell keiner entdecken und auf die Schulter klopfen können. Janis Zaurins ist ein Verkleidungskünstler. Dabei helfen ihm zwei Leidenschaften. "Ich sammele Brillen und Schuhe." Seine Liebe für die Gläser begann in einem Antiquitätenladen, wo er die ersten Exemplare entdeckt und sich sofort in sie verliebt hat. Mittlerweile ist er im Besitz von einem Dutzend unterschiedlichen Modelle in verschiedenen Formen, Farben oder Größen.

Außerdem liebt Janis Schuhe. "Ich habe mehr als meine Freundin", sagt er und lacht. Er hat Schuhe in sämtlichen Farben, sie sind ein- oder zweifarbig, und gerne trägt er Budapester aus bestem englischen Leder, gefertigt von Laszlo Vass. Oder Schuhe im Gangster-Style.

Was erwartet Janis von seinem Glücksboten-Job in den kommenden 14 Tagen? "Mal sehen", sagt er, "ob die Hamburger wirklich so zurückhaltend und höflich sind, wie man immer sagt, - vor allem, wenn es ums Geld geht." Und, nicht ganz ernst gemeint, schickt er schmunzelnd hinterher: "Wer mir doof kommt, kriegt kein Geld." Der Gejagte wird niemanden bevorzugen. "Wer sich die Mühe macht, mich zu finden, der hat es verdient, belohnt zu werden."

Besonders vorbereitet hat er sich nicht auf mögliche Menschenaufläufe auf öffentlichen Plätzen werktags zwischen 11 und 13 Uhr. Er hat ja eine gute Möglichkeit, allzu aufdringliche Bewerber abzuwehren. "Die 100 Euro gibt es ja nur, wenn ich den Hut auf dem Kopf habe", sagt Janis. Einen Hunderter in der ersten und einen in der zweiten Stunde.

Janis Zaurins wird zum Verfolgten werden. Denn bereits morgens, wenn er das Verlagsgebäude verlässt, können ihm die Hamburger per GPS-System auf den Fersen bleiben - um dann ab elf Uhr als Erste vor Ort zu sein. Es wird ein spannender Wettlauf durch die Stadt werden, mit einem täglich wechselnden Lösungswort. "Im Grunde", sagt Janis Zaurins, "ist es wie auf der Bühne im Imperial-Theater auf der Reeperbahn: Wir werden mit dem Abendblatt jetzt jeden Tag einen richtigen Krimi aufführen." Die Jagd kann beginnen.

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