Der Verein Museum Elbinsel schippert mit einem Alsterschiff nach Wilhelmsburg. Die Bewohner wollen für ihren Stadtteil werben.

Innenstadt/ Wilhelmsburg. Ein Reiher stakst durch das Wasser der Wilhelmsburger Dove Elbe, auf einer Koppel grasen Pferde, an den Ufern wuchert das Grün - und viele der Passagiere an Bord des Alsterschiffs kommen aus dem Staunen gar nicht heraus: So hatten sie Wilhelmsburg noch nicht gesehen - und so sollten sie es am Dienstagabend neu entdecken. Mit diesem Ziel hatte das Kultwerk West, eine Hamburger Einmisch-Initiative, 70 Bürger mit auf die Reise genommen.

Die Idee des "erfahr"-baren Brückenschlags zwischen Jungfernstieg und Wilhelmsburg ist älter. Im Jahre 2001 charterte der Förderverein Museum Elbinsel Wilhelmsburg zum ersten Mal ein Alsterschiff, um dem Norden den Süden zu erschließen. Seitdem sind rund 16 000 Gäste über die Elbe geschippert. Aus dem Experiment ist längst eine Institution geworden: In den Sommermonaten sind viele weitere Ausflüge des Museumsvereins geplant, die aber schon fast ausnahmslos ausgebucht sind. Von Beginn an ist Peter Falke ehrenamtlich mit von der Partie. Seine Frau hatte vor elf Jahren die Idee zu den Schiffstörns; nach dem Tod seiner Gattin führt Falke den knapp vierstündigen "Sprung über die Elbe" in ihrem Sinn weiter. Und wenn, wie geplant, am Nikolaustag 2012 erstmals durch den dann ausgebauten Aßmannkanal ein Schiff vom Jungfernstieg zum Rathaus Wilhelmsburg fährt, wird ein Traum der Falkes Wirklichkeit.

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Die Wilhelmsburger wollen für ihren Stadtteil werben, Vorurteile abbauen, Interesse wecken. Auch Johannes Wunder wollte nie auf die Flussinsel ziehen. "Da gehe ich nicht hin", war die erste Reaktion des Eimsbüttlers, als seine Frau ihn einst nach Wilhelmsburg locken wollte. Heute sagt er: "Es war und ist ein wunderschöner Stadtteil."

Wilhelmsburg befindet sich im Umbruch. 2013 wird die Internationale Gartenschau (igs) ihre Pforten im Zentrum des Stadtteils eröffnen, die Internationale Bauausstellung (IBA) an vielen Projekten die Zukunft des Bauens und der Stadt präsentieren. "2013 wird Wilhelmsburg ein Rummelplatz", sagt Kai Michael Dietrich, Stadtplaner bei der IBA. Er verweist auf das große Potenzial der Elbinsel - allein im Gebiet der heutigen Wilhelmsburger Reichsstraße zwischen Aßmannkanal und Jaffe-Davids-Kanal könnten langfristig bis zu 6000 Wohneinheiten entstehen.

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Schon jetzt ist die Trendwende geschafft, nach schwierigen Jahrzehnten wächst Wilhelmsburg wieder. Und die Elbinsel mit ihren 50 000 Bewohnern und 100 Ethnien ist bunter, als viele nördlich des Flusses denken.

Vor allem ist sie grüner, wie die Bootsfahrt beweist. Ein Biergarten am Fluss, Yacht- und Ruderklubs, Kleingärten - das ist die Wasserseite eines Stadtteils, der oft auf Wohnsilos, soziale Brennpunkte und Kriminalität reduziert wird. IBA und igs bieten die Chance, diesen Imagewechsel zu verankern. Am Ende der Bootstour zieht auch Gabriele Heise, Teammitglied des Kultwerks West, ein zufriedenes Fazit. "Stadtplanung und Bürgerbeteiligung sind zwei unserer Themen", sagt sie. Man wolle Bürger trainieren, ihre Beteiligungschancen zu nutzen. "Dazu gehören Informationen. Heute haben wir vieles gelernt."