Jusos fordern Sonderparteitag - und das ist gut so

Seit SPD-Landeschef Olaf Scholz als Erster Bürgermeister Hamburg regiert, hat die Bedeutung seiner Partei deutlich abgenommen. Zwar gibt es stets ein Übergewicht der Regierungen und mithin auch des Senats in der öffentlichen Wahrnehmung und, ja, auch in der Berichterstattung durch die Medien. Trotzdem ist die Frage erlaubt, was aus der einst diskussionsfreudigen und aufmüpfigen Hamburger SPD geworden ist.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Sozialdemokraten - sicherlich auch unter dem beseligenden Eindruck des grandiosen Wahlerfolgs von 2011 mit Scholz als dessen Garanten - ihren Vormann schalten und walten lassen. Insofern ist es gut, wenn die Jusos jetzt einen Sonderparteitag im Herbst fordern, auf dem die SPD die zentrale Weichenstellung für die nächsten Jahre diskutieren soll: die Haushaltspolitik mit dem geplanten Sparkurs, der zur Einhaltung der Schuldenbremse spätestens im Jahr 2020 führen soll.

Weniger gut ist, dass die von Scholz entscheidend mitbestimmte Agenda der SPD eine solche Debatte gar nicht vorsieht. Mit einigen Teilfragen der Haushaltspolitik wie etwa dem geplanten Stellenabbau im öffentlichen Dienst wird sich der Parteikonvent am Sonnabend beschäftigen, der im Wesentlichen jedoch die Aufgabe hat, Scholz mit großartigem Ergebnis als Parteichef wiederzuwählen.

Keine Frage: Scholz ist der starke Mann der Sozialdemokraten, kaum ein SPD-Bürgermeister vor ihm hatte vergleichbare Macht. Gerade aus dieser Position heraus sollte ihm daran gelegen sein, dass die Haushaltspläne des Senats breit diskutiert werden. Parteitagsbeschlüsse können dabei nur die groben Linien vorgeben, aber niemals die konkreten Etatberatungen der Bürgerschaft ersetzen.

Im Grunde liefert die frühere Bürgermeisterpartei CDU das warnende Beispiel. Obwohl ihr Teile der Politik des schwarz-grünen Senats wie etwa die Primarschulreform gegen den Strich gingen, wagte sie nicht aufzumucken. Das Parteileben verdorrte, ein Grund, warum die Union heute wieder in der Opposition sitzt.